: Diven im Blaumann
Die Reifenpanne ist politisch: Am Montag eröffnet im Schanzenviertel Hamburgs erste Frauen-KFZ-Werkstatt ■ Von Heike Dierbach
Jasmins Nachname ist eigentlich Programm: Felgentreff. Doch wenn sich die gelernte KFZ-Mechanikerin in den vergangenen zwei Jahren bei Hamburger Werkstätten auf ein Stellenagebot meldete, hörte sie am anderen Ende der Telefonleitung zuweilen nur schallendes männliches Gelächter. Das kann der 28jährigen jetzt nicht mehr passieren: Am Montag eröffnet sie zusammen mit Katrin Schade und Martina Wilde „AutoDiva“, die erste Frauen-KFZ-Werkstatt in Hamburg.
Schade hat zwar an ihrem bisherigen Arbeitsplatz, einer VW-Werkstatt, gute Erfahrungen mit den Kollegen gemacht. Dennoch „war es immer mein Traum, eine Frauenwerkstatt aufzumachen“. Also kündigte die 34jährige und belegte den MeisterInnenkurs. Wie es war, als einzige Frau? „Schlimm“, kommt die Antwort sofort. „Es gab Lehrer, die zur Begrüßung morgens erstmal sexistische Witze erzählt haben“ – immer mit dem Zusatz: „Nichts gegen Sie, Frau Schade“.
Natürlich seien nicht alle so gewesen. „Aber das uralte Vorurteil, dass Autos halt Männersache sind, existiert noch“, sagt die Meisterin. KFZ-Mechanikerinnen seien zwar heute keine Ausnahme mehr, „aber etabliert ist das auch noch nicht“. Oft würden Frauen zwar ausgebildet, dann aber nicht als Gesellinnen übernommen.
Die Stereotypen in den Köpfen wirkten sich auch auf den Umgang mit Kundinnen aus. „Viele Frauen berichten uns, dass sie sich in den KFZ-Werkstätten nicht ernst genommen fühlen“, weiss Schade aus ihren Erfahrungen im Frauen-Auto-Selbsthilfe-Projekt „Pfiffigunde“. Natürlich käme es auch vor, dass männliche Kunden übers Ohr gehauen werden. „Aber da sind die Werkstätten vorsichtiger – ein Mann könnte ja Ahnung haben.“
Den drei Frauen ist es deshalb ein Anliegen, den KundInnen auch verständlich zu machen, was an ihrem Wagen kaputt ist und repariert werden muss. Ihre Werkstatt im Schanzenviertel bietet neben Reparaturen, Inspektionen, TÜV und AU bei Bedarf auch Pannenhilfekurse für Frauen an, eventuell in Kooperation mit „Pfiffigunde“. Von dort erhoffen die Gründerinnen sich auch Kundinnen.
Männer dürfen ihr Auto aber auch bei „AutoDiva“ reparieren lassen. Das ist zwar vor allem ökonomischen Zwängen geschuldet, sagt Felgentreff, „aber ich hab auch nix dagegen“. Für die Investitionen haben die drei einen günstigen Kredit der Lawaetz-Stiftung erhalten. Gewirtschaftet wird im Kollektiv: Alles kommt in eine Kasse, aus der jede anteilig nach Arbeitsstunden bezahlt wird. Mit ihrem Reperaturpreis von 95 Mark pro Stunde haben sich die Gründerinnen an der Konkurrenz im Schanzenviertel orientiert.
Ob sich ihr Betrieb rentiert, wollen Schade, Felgentreff und Wilde in einem Jahr bilanzieren. Bis dahin ist „AutoDiva“ auf jeden Fall die einzige Frauen-KFZ-Werkstatt in Norddeutschland. Eine weitere gibt es bundesweit nur in Münster.
Einweihungsfeier heute ab 15 Uhr, Neuer Pferdemarkt 35, Tel. 43 27 40 80.
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