: Hitler war Österreicher“
■ Entsetzt reagiert Israel auf den Erfolg Haiders. Erinnerung an Wahl Waldheims
Israels Staatspräsident Eser Weizman hat Österreichs Juden geraten, angesichts des Wahlerfolgs von Jörg Haider sofort das Land zu verlassen. „Jeder vierte Österreicher hat einen Neo-Nazi gewählt, lautete die Schlagzeile von Israels größter Tageszeitung Jedioth Aharonoth. Auch alle anderen israelischen Tageszeitungen setzten gestern die Berichte über das österreichische Wahlergebnis auf die erste Seite. In den elektronischen Medien war der Erfolg Haiders das bestimmende Thema. Dabei wurden vor allem zwei Aussagen des Chefs der Freiheitlichen Partei immer wieder zitiert. So hatte Haider vor Jahren Angehörigen der Waffen-SS „besondere Anständigkeit“ bescheinigt. Außerdem behauptete er, dass Vernichtungslager im Grund Strafanstalten gewesen seien.
Israels Ex-Premierminister Schimon Peres empfand angesichts des Wahlergebnisses einen „Grund für große Besorgnis“. Eine nahezu ungebrochene Linie von Nazi-Deutschland bis zum heutigen Israel zog der Parlamentarier Tommi Lapid von der antireligiösen Partei Schinui: „Die Tatsache, dass jeder vierte Österreicher seine Stimme für eine rassistische, antisemitische Post-Nazi-Partei abgab, wirft ein trauriges Licht auf die gesamte österreichische Nation, die einst auch für den Präsidenten Kurt Waldheim gestimmt hat.“ Lapid, der der letzte Holocaust-Überlebende im israelischen Parlament ist, erinnerte zudem daran, dass Adolf Hitler und Adolf Eichmann Österreicher waren.
Für Umweltministerin Dalia Itzik scheint das Wahlergebnis Beweis dafür, dass die Österreicher „ihre Lektion nicht gelernt haben“.
Unter den relativierenden Stimmen war die von Professor Mosche Zimmermann, einem Historiker an der Hebräischen Universität, zu vernehmen. Er versuchte auf die Hintergründe des Wahlergebnisses aufmerksam zu machen. Die Grenze zum früheren Jugoslawien und die Flüchtlingswelle habe „die Angst vor einer Überfremdung“ geschürt. Der israelische Autor Gad Schimron, der mehrere Jahre lang Korrespondent der Tageszeitung Maariv in Wien gewesen war, nannte Haider einen „gefährlichen Demagogen“. Ein Nazi sei der charismatische Parteichef jedoch nicht.
Susanne Knaul, Jerusalem
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