: Betr.: Finanzpolitischer Gegenentwurf zu Rot-Grün
Strategietreffen
Das Strategie-Treffen war kaum zu Ende, da machten die schwarzen Matadore auf Harmonie. Das Steuerkonzept der kleinen bayerischen Schwesterpartei, so diktierte es Parteichef Wolfgang Schäuble in die Notizblöcke, unterscheide sich „nur unwesentlich“ von dem der CDU. Seine Partei werde „in den kommenden Monaten“ ihr Profil in der Renten-, Gesundheits- und Steuerpolitik schärfen, überspielte Schäuble das konzeptionelle Loch, das sein Münchener Gegenspieler Edmund Stoiber aufgedeckt hatte.
Die Unionsparteien sind sich nicht einig, wie sie auf die vier großen Gesetzespakete zu Haushalt, Steuer und Familien der Regierung antworten sollen. Der Unions-Mix aus Ablehnung und Kooperation ist nicht Ausdruck einer Strategie, sondern Ergebnis der grundgesetzlichen Logik von Gesetzgebung und Gewaltenteilung.
Rentenpläne
Im Bundesrat haben die Unionsparteien nach ihren jüngsten Wahlsiegen zwar die SPD-Mehrheit gebrochen. Das reicht bei bestimmten Vorhaben aber allenfalls zu Verzögerung. Die Rentenpläne etwa, so kündigte Schäuble an, werde seine Partei grundsätzlich ablehnen. Der „Rentenbetrug“ und das Deckeln des Rentenanstiegs auf das Niveau der Preissteigerung sei mit der CDU/CSU nicht zu machen. Das stimmt – bei der Altersversorgung hat die Union im Bundesrat nämlich kein Mitspracherecht, das dazugehörige Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig.
Öko-Steuer
Auch bei der Öko-Steuer kann die Union locker auf Crash-Kurs gehen. Die rot-grüne Regierung Gerhard Schröder braucht die Stimmen unionsregierten Bundesländer nicht, wenn sie den Verbrauch von Kraftstoff und Strom steuerlich höher belasten will.
Durch die Mehreinnahmen – der Industrie- und Handelstag spricht von rund 30 Milliarden Mark bis zum Jahr 2003 – will die rot-grüne Bundesregierung die Arbeitskosten senken. Dazu steigt die Mineralölsteuer bis 2003 in jedem Jahr um sechs Pfennig, die Stromsteuer um 0,5 Pfennig.
Familienentlastung
Doch CDU und CSU wollen nicht nur blockieren. Bei der Familienentlastungsignalisierten die Unionsschwestern grundsätzliche Zustimmung. Wie auch anders? Das Bundesverfassungsgericht hat penibel festgelegt, wie die Steuerfreibeträge für Familien mit Kindern im Jahr 2000 und 2002 auszusehen haben. Da haben nicht einmal die Regierenden um Kanzler Schröder Gestaltungsspielraum. Generöser Kommentar des CDU-Vorsitzenden Schäuble dazu: Er sei optimistisch, dass eine Einigung möglich sei und das Familienförderungsgesetz zum 1. Januar 2000 in Kraft treten könne.
Gesundheitsreform
Gar nicht zufrieden ist die christlich unionierte Riege mit der Gesundheitsreform. Sie setzten Horst Seehofer als Vorsitzenden einer eigenen Kommission ein – und stürzten den ehemaligen Gesundheitsminister so in einen tiefen Gewissenskonflikt. Seehofer war es, der die jetzt kritisierte Budgetierung erfand.
Bundeshaushalt
Der Bundeshaushalt für das Jahr 2000 hat die Opposition in Ratlosigkeit gestürzt. Zunächst waren Etatexperten der Union mit dem buchhalterischen Nachweis befasst, dass der Finanzminister gar keine 30 Milliarden Mark einspare. Der Sachverhalt ist unter Finanzleuten unumstritten, der Öffentlichkeit aber kaum begreiflich zu machen. Selbst die Nachrichtenagenturen haben das Thema nur unwillig aufgegriffen. Daher schickt die Union nun verstärkt den unredigierten „Original-Text-Service“ über die Ticker, um die Regierung auch in den Einzel-Etats zu überführen.
Steuerreform
Die Steuerpolitik sollte für Schäuble und seinen Steuerfachmann Friedrich Merz das Paradebeispiel dafür sein, dass die Opposition zur Mitarbeit bereit ist. Mit dem Münchener Steuervorschlag ist auch das passé: CDU und CSU hätten sich „in großer Freundschaft und Sachlichkeit“ (Stoiber) auf gemeinsame Grundlinien geeinigt. Konkrete Eckwerte gebe es „noch in diesem Jahr.“ Die Beeratungen des Bundestages haben aber bereits begonnen – vor drei Wochen. cif
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