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CDU wird durch die Bezirksreform gestärkt

■ Union könnte in 6 von 12 Bezirken stärkste Fraktion werden. Keine Fünfprozenthürde

Die CDU wird am Sonntag ziemlich sicher der Wahlsieger sein – nicht nur im Abgeordnetenhaus, sondern auch in den Bezirken. Grund dafür ist nicht nur der Wählerwille, sondern auch die Bezirksreform, durch die sich die politischen Gewichte deutlich zugunsten der CDU verschieben.

Im Januar 2001 wird die Zahl der Bezirke von 23 auf 12 reduziert. Die Wahl am Sonntag stellt dafür schon jetzt die Weichen. Denn es wird so gewählt, als ob die Bezirke schon zusammengelegt seien. Gemeinsam tagen werden die Bezirksverordneten erst in einem Jahr, die fusionierten Bezirksämter nehmen ihre Arbeit drei Monate später im Januar 2001 auf. Bis dahin bleiben die bisherigen Bürgermeister und Bezirksstadträte im Amt.

Die Stimmen der einzelnen Bezirke werden unterschiedlich viel „wert“ sein – denn wieviel Verordnete jeder alte Bezirk künftig entsenden darf, errechnet sich aus dem Anteil der Wahlberechtigten des alten Bezirks an den Wahlberechtigten im Fusionsgebiet.

Deutlich wird das am Beispiel der Fusion von Schöneberg und Tempelhof. Tempelhof hatte 1995 das beste CDU-Bezirksergebnis überhaupt (53,5 Prozent). In Schöneberg liegen CDU, SPD und Grüne ungefähr gleich auf. Da Tempelhof mehr EinwohnerInnen hat, wird sich das Gewicht ingesamt zugunsten der CDU verschieben. Derzeit gibt die CDU nur in 7 von 23 Bezirken den Ton an. Künftig hat sie gute Chancen, 6 der 12 neuen Bezirke zu dominieren, schon weil mit Neukölln, Spandau und Reinickendorf drei CDU-Hochburgen nicht fusioniert werden.

PDS und Grüne werden dagegen Bürgermeisterposten verlieren. Die PDS dominiert derzeit in den Ostbezirken Hohenschönhausen, Lichtenberg, Marzahn und Hellersdorf. Die PDS-Hochburgen werden jedoch zu zwei Großbezirken zusammengelegt. Grüne Bürgermeister wird es wohl keine mehr geben. Schöneberg wird durch die Fusion mit Tempelhof sicherlich seine grüne Bürgermeisterin verlieren. Gleiches gilt für Tiergarten durch die Fusion mit Wedding und Mitte, und für Kreuzberg durch den Zusammenschluss mit Friedrichshain.

Erstmals gibt es am Sonntag keine Fünfprozenthürde mehr für den Einzug in die Bezirksparlamente. Die Sitze werden proportional zu den Wahlergebnissen an alle Parteien vergeben. Somit reichen teilweise schon etwa drei Prozent für einen Sitz. Das erhöht die Chancen für kleine Parteien und Wählergemeinschaften. Das Landesverfassungsgericht hatte 1997 die Fünfprozenthürde bei den BVV-Wahlen für verfassungswidrig erklärt. FDP und „Republikaner“ hatten geklagt, weil sie bei der Abgeordnetenhauswahl 1995 in allen Bezirken an der alten Sperrklausel gescheitert waren.

Heiße Favoriten sind in Kreuzberg die Anarcho-Partei KPD/RZ und die PDS, die schon 1995 mit etwas über 4,5 Prozent Stimmenanteil an der Hürde zur BVV nur knapp scheiterten. Die Reps wären nach der neuen Regelung sogar in zwölf Bezirken vertreten, würden sie die gleichen Ergebnisse wie vor vier Jahren erzielen. Die FDP rechnet sich Chancen in Wilmersdorf, Zehlendorf und Steglitz aus. Julia Naumann

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