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Nicht nur vor sich hin köcheln

Nur wenige Studenten möchten Campus gegen Computer tauschen. Umso besser. Denn in Sachen elektronisches Studium hakt und klemmt es noch an den Hochschulen. Kooperationen gibt es kaum  ■   Von Christoph Rasch

Welchen logischen Wert ergibt der Ausdruck true AND false? Wie viele Bits benötigt man zur Kodierung einer Dezimalziffer?“ Ein Eignungstest in multimedialem Basiswissen. Das fragt die Technische Universität Chemnitz Bewerber für einen Studiengang ab, der per Download, Chat und E-Mail stattfindet.

Seit 1995 haben rund 600 Teilnehmer das virtuelle Aufbaustudium „Informations- und Kommunikationssysteme“ gemacht. Am Computer zu Hause, ohne festen Stundenplan, ohne überfüllte Hörsäle, ohne Gerenne zwischen Vorlesung, Bibliothek und Mensa. Rund ein Dutzend derartiger virtueller Studiengänge gibt es inzwischen in Deutschland. Zum Beispiel an der Fernuniversität Hagen. Daneben finden sich rund 130 computergestützte Vorlesungen.

Und doch: „Der Unterricht über die neuen Medien kann die Präsenz-Universität auch zukünftig nicht ersetzen“, meint Thomas Sand. Der Medienreferent beim Hochschul-Informations-System (HIS) in Hannover sieht Teleteaching als begleitende Maßnahme. Umfragen hätten ergeben, dass nur wenige Studenten, vor allem Studienanfänger, den Campus gegen den heimischen Computer eintauschen wollten.

Und: Die Software hinkt der technischen Ausstattung hinterher, findet Sand. In den Webseitender meisten Universitäten vermisst er ein zeitgemäßes Angebot für Studenten. Etwa in punkto Recherche in Datenbanken oder Newsgroups. Über die schön designte Homepage hinaus passiert da wenig, ergiebige Datenbanken seien nach wie vor die Ausnahme.

Der Grund ist einfach: Um etwa die Vorlesungsverzeichnisse, Bibliothekskataloge oder eben ganze Seminare ins Netz zu stellen und redaktionell abzuwickeln, bedarf es eines sehr viel größeren personellen und organisatorischen Aufwands. Das ist für viele Unis nicht zu leisten, findet auch Holger Busse vom Rechenzentrum der Freien Universität Berlin. An den meisten Universitäten seien wenige Dutzend Mitarbeiter mit hunderten von Rechnern und tausenden Webseiten meist ausgelastet. Die Betreuung des allgemeinen Webangebots hinke hinterher. Die Vorlesungsverzeichnisse etwa werden noch immer vielerorts mühsam eingelesen, anstatt direkt im System erstellt zu werden.

So wird an vielen Hochschulen eine dezentralisierte Bearbeitung der Netzangebote gefordert: Ein Webexperte an jedem Fachbereich sei die Ideallösung, heißt es. Denn die Auslastung der Uninetze wachse. An der FU werden die 480 Einwahlleitungen mit rund 21.000 täglichen Verbindungen frequentiert. Tendenz steigend. E-Mail-Account, Internetzugang und eigene Homepage bieten inzwischen fast alle Universitäten.

„Doch derlei Internetangebote beschränken sich auf Selbstdarstellung. Bei der Vermittlung von wissenschaftlichen Inhalten versagen die meisten“, sagt der Bremer Informatik-Professor Klaus Haefner. Dabei sei der Aufwand, etwa das Skript einer Vorlesung ins Netz zu stellen oder durch Links auf vorhandenes Material anderer Unis hinzuweisen, minimal. „Synenergieeffekte, vor allem zwischen den Universitäten, bleiben aus“, so Haefner. Er sieht den schwarzen Peter bei den Kultusministern: „Die schmückten sich zwar mit Prestigeprojekten wie der virtuellen Lehre. Solange jede Uni und jedes Bundesland dabei das eigene Süppchen kocht“, findet Haefner, seien diese trotz neuester Technik „weder konkurrenzfähig noch auf Dauer finanzierbar.“ Eine Bündelung durch länderübergreifende Kompetenzzentren müsse her – und Förderungsmittel im Milliardenbereich.

Michael Schwarz von der Universität Heidelberg, die ein Web-Angebot mit 40.000 Seiten unterhält, gibt sich optimistischer: „Unsere internen und externen Angebote laufen hervorragend.“ Allein 40.000 Webzugriffe pro Monat zählt das Akademische Auslandsamt. Einen Dämpfer musste man in Heidelberg beim Aufbau einer projektierten „weltweiten Teleuniversität“ hinnehmen. Die Mittel wurden nicht bewilligt, das Vorhaben ist abgespeckt und auf Unbestimmt verschoben.

„Die eigentliche Zukunftsarbeit in diesem Bereich findet in den virtuellen Ausbildungen der Unternehmen statt“, sagt Lutz Goertz vom Deutschen Multimedia-Verband in Düsseldorf. Für die Unternehmen, so Goertz, sei die multimediale Lehre an den Universitäten denn auch wenig relevant. Denn dass die elektronischen Angebote die Qualifikation der Bewerber verbessert hat, sei bisher nicht zu erkennen. Trotz virtueller Eignungstests.

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