Prof. Stuby: 'Ich möchte mich mit anderen Dingen beschäftigen'

■ Interview mit dem Bremer Jura-Professor über seine Erwähnung im Stasi-Buch (vgl. taz 13.10.)

taz: Es gibt ein neues Buch über den Einfluss der Staatssicherheit auf Institutionen der Bundesrepublik. Haben Sie im Nachhinein einmal überlegt, wieviele Zuträger die Stas an der Bremer Uni gehabt haben muss?

Prof. Gerhard Stuby: Natürlich ist mir das durch den Kopf gegangen, aber ich kann Ihnen dazu gar nichts sagen.

Haben Sie einmal Akteneinsicht beantragt?

Nein, nie. Ich werde es auch vorläufig nicht tun.

Interessiert Sie das nicht, wer Stasi-Spitzel war in Ihrem Umfeld?

Was soll ich mit dem ganzen Zeug? Ich möchte mich mit anderen Dingen beschäftigen.

Nun erscheint ein Buch über die „Staatssicherheit im Westen“, in dem Ihr Name vorkommt. Zum Beispiel liegt in Ostberlin ein Schreiben in dem der Vorstand der DKP bei der SED vorstellig geworden ist wegen der Finanzierung einer Sekrtetärin und von Reisekos-ten für Sie.

Ich bin 1976 Vorsitzender der Vereinigung demokratischer Juris-ten gewesen, später bin ich dann Generalssekretär der Internationalen VDJ geworden, der Dachorganisation von 70 nationalen Vereinigungen. Die IVDJ ist 1945 aus dem Kreis von Juristen des Nürnberger Prozesses gegründet worden...

Sie haben eine Sekretärin gehabt?

Als ich Generalsekretär wurde, war meine Bedingung, dass ich neben dem Büro in Brüssel ein Büro in Bremen mit einer Halbtagskraft bekomme. Es sollte keine Vermischung mit der Universität eintreten.

Soweit ist der Brief der DKP an die SED also korrekt.

Insoweit. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass ich nie ein derartiges Ansinnen an die DKP hatte. Ich habe das von der IVDJ verlangt. Die IVDJ hat von den nationalen Sektionen Beiträge erhoben.

Kann es sein, dass die Richter und Anwälte, unter ihnen auch Vater und Sohn Gysi, von ihren Einkommen Beiträge abführten zur Finanzierung Ihrer Sekreträrin in Bremen?

Ich war ja Generalsekretär. Das Geld kam von den Sektionen. Natürlich haben da Verbindungen bestanden, es gab ja keine Trennung gegenüber Staat und Einheitspartei.

Haben Sie eine Erklärung für den Brief des DKP-Präsidiums?

Nein, weiß ich nicht.

In dem Buch werden Sie auch im Zusammenhang der Biermann-Ausweisung erwähnt.

Uns hat dieser Ausschluss sehr erbost. Wir wollten eine Protesterklärung abgeben. Wir haben aber immer in solchen Fällen mit unserer Partnerorganisation Kontakt aufgenommen und uns informiert, wie sie das sehen. Das haben wir auch gegenüber der DDR gemacht.

In den Unterlagen, die in diesem Stasi-Buch ausgewertet wurden, gibt es ein Blatt, auf dem berichtet wird über einen „Anruf von Herrn Prof. Stuby beim IPW“, die Notiz wurde unmittelbar an den Stasi-General weitergeleitet ...

Also, das ist so falsch. Ich habe mit dem IPW Kontakte gehabt, das war eine angesehes internationales Institut ...

Damals.

Heute nicht mehr. Aber in dieser Sache halte ich es für ausgeschlossen, weil das wirklich eine Frage zwischen VDJ-DDR und VDJ-Bundesrepublik war. Jedenfalls gab es dann eine Delegation dorthin, wir waren fünf oder sechs Leute, die ich geleitet habe und dann wurde eben ziemlich hart darüber diskutiert. Unsere Zielsetzung war, nicht nur zu protestieren. Wir wollten auch einen Erfolg, wir wollten das wieder rückgängig gemacht haben. Insofern haben wir natürlich kooperiert mit den DDR-Leuten und ihre Gesichtspunkte mit einbezogen und nicht einfach gesagt: Wir prangern Euch an.

Haben Sie über Menschenrechte oder Demokratie in der DDR mit dem VDJ-DDR geredet?

Ich wollte einen demokratischen Sozialismus. Es gab Differenzen über die Art, wie sie den realen Sozialismus entwickeln, aber das war nicht unsere Arbeitsfeld. Unser Arbeitsfeld war die Dritte Welt, Vietnam. Algerien, Chile. Die Defizite in den sozialistischen Ländern waren für mich sekundär.

Fragen: K.W.