Kultur des Zusammendenkens

■  Rat der Künste will der Kulturpolitik auf die Sprünge helfen. Spartendenken soll überwunden, Kommunikation zwischen den verschiedenen Senatsressorts und Institutionen, wie etwa den Hochschulen, verbessert werden

Dass neue Kommunikationsformen nötig sind, hat der alte Senator für Kultur als Problem nicht erkannt, sagt Weißler

Man muss die Scharniere ölen. Und die Türen öffnen, um die Berührungslosigkeit zwischen Verwaltung und Kultur aufzulösen“, fordert Sabine Weißler, Sprecherin des Rates für die Künste. Dass manches beim Metropol-Theater im Argen liege, „das wissen alle, das müssen nicht wir dem Kultursenator sagen. Aber wie man in der Kulturpolitik eine neue Perspektive gewinnen kann, die altes Spartendenken überwindet“, müsse noch entwickelt werden, sagt Weißler. Kulturpolitik als so genannte „Konzertierte Aktion“?

Der Rat für die Künste hat bereits vorgedacht. Der Blick der Politiker soll wieder auf die ganze Stadt gelenkt werden, Kultur in den Bezirken gestärkt, die Hochschulen eingebunden und vor allem die Chancen all jener Projekte erhöht werden, die bisher zwischen den Zuständigkeiten der Ressorts durch die Ritzen fielen. Da ist im ersten vierseitigen Thesenpapier, das die Kulturexperten Sabine Weißler, Nele Hertling und Jürgen Schitthelm als Arbeitsgrundlage verschickt haben, kein einziges Mal von „Leuchttürmen“ die Rede, – Markenzeichen der Ära Radunski –, viel aber von Defiziten der Vermittlung, fehlender Vernetzung und mangelnder Aufmerksamkeit.

Der Rat für die Künste, in dem sich seit 1994 über 250 Berliner Kulturinstitutionen zu einer Interessenvertretung zusammengeschlossen haben, will die Zeit nach der Wahl und vor der Regierungsbildung nutzen.

Unabhängig von den Parteien und der Person, die Chef im Kultursenat wird, wollen sie ein Programm für den Zuschnitt des Ressorts entwickeln, in dem zum Beispiel Stadtplanung nicht mehr auf einem völlig anderen Blatt steht als Kulturpolitik.

Ein solches fehlendes Zusammendenken hat bisher den Blick des Senats auf wenige Zentren eingeschränkt und die Bedeutungsverluste, die viele Stadtviertel in den letzten Jahren erfahren haben, außen vor gelassen.

Während die Parteien noch mit Koalitionsfragen und Verteilung der Rollen in der Fraktion beschäftigt sind, arbeitet der Rat an den Werkzeugen für einen ungetrübten Blick auf die Inhalte der Kultur. „Dass neue Kommunikationsformen nötig sind, hat der alte Kultursenat nicht als Problem erkannt“, sagt Sabine Weißler.

Nicht zuletzt steckt hinter dem neuen Anlauf die enttäuschende Erfahrung einiger Mitglieder des Rates, in Gremien zwar als sachliche Berater postiert, bei Entscheidungen dann aber übergangen zu werden.

Dieser Missbrauch als Alibi verschleudert Kompetenzen und ist weder effizient noch motivierend. Deshalb klagt eine Forderung die „Achtung der Politik vor der Kultur“ ein.

Doch vor allem soll den Kulturbuchhaltern, die ihre Programme entlang der Titel im Landeshaushalt entwickeln und deshalb nie aus dem Spartendenken herauskommen, der Kampf angesagt werden.

Das wird jetzt in den Arbeitsgruppen des Rates konkretisiert mit Beispielen, wie genreübergreifende Projekte bisher an der Struktur des Verwaltungsapparates scheiterten.

Dass damit mehr gemeint ist als intermediale Kunstprojekte, wird in dem ersten Papier schon deutlich. Es fehlen bisher Programme, den Absolventen der Berliner Kunsthochschulen beim Einstieg in die berufliche Praxis zu helfen. „Die werden gehandelt wie eine Last, nicht wie ein Potenzial“, kritisiert Weißler.

„Gründerzentren und Existenzgründungsdarlehen müssen auch Künstlerinnen und Künstlern offen stehen“, heißt deshalb eine Forderung, auf die ein Senat für Kultur zusammen mit dem für Wirtschaft reagieren sollte. Katrin Bettina Müller