: Fischer gegen Jugendliche in Armee
Eine Konferenz in Berlin beschäftigt sich mit Kindersoldaten in Europa. Außenminister Fischer kritisiert „politisch motivierten Kindesmissbrauch“ ■ Aus Berlin Peter Wütherich
Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) fordert ein härteres Vorgehen gegen den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen als Soldaten. „Kinder als Tötungsmaschinen abzurichten ist pervers“, sagte Fischer gestern in Berlin.
Fischer äußerte sich auf der „Europäischen Konferenz über den Einsatz von Kindern als Soldaten“, die gestern in Berlin eröffnet wurde. Die Tagung ist ein Gemeinschaftsprojekt der Vereinten Nationen mit europäischen Regierungen und regierungsunabhängigen Organisationen.
Fischer bemängelte auf der Konferenz die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen. Die Konvention schreibt das Mindestalter für Soldaten auf 15 Jahre fest. Dieses Alter müsse auf 18 Jahre heraufgesetzt werden, sagte der Minister. Wer in Zukunft Minderjährige als Soldaten rekrutiere und in Kämpfen einsetze, müsse international geächtet werden. Außerdem solle es dem Internationalen Strafgerichtshof in Rom ermöglicht werden, den Einsatz von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren als Straftat zu verfolgen.
Menschenrechtsorganisationen kritisierten auf der Konferenz, dass auch in Europa tausende Minderjährige als Soldaten missbraucht würden. In den vergangenen Jahren hätten Kinder und Jugendliche in den Bürgerkriegen im Kosovo, in Tschetschenien und in Bosnien gekämpft. Das geht aus einem Untersuchungsbericht hervor, den die „Koalition zum Stopp des Einsatzes von Kindersoldaten“, ein Gemeinschaftsprojekt mehrerer regierungsunabhängiger Organisationen, in Berlin vorgelegt hat. Auch in regulären Streitkräften in Europa leisteten Minderjährige Militärdienst, so die Studie. In zwanzig europäischen Staaten sei die Rekrutierung von Jugendlichen unter 18 Jahren erlaubt.
In Deutschland sind rund 250 Minderjährige beim Militär. Bereits mit 17 Jahren können sich Jugendliche derzeit freiwillig zur Bundeswehr melden. Allerdings wurde auf der Konferenz bekannt, dass Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) bereit ist, das Mindestalter auf 18 Jahre anzuheben. Eine endgültige Entscheidung der Regierung sei aber noch nicht gefallen, sagte Außenminister Fischer.
Rund 6.500 jugendliche Soldaten dienen der Studie zufolge momentan in Großbritannien. Die Organisatoren der Berliner Konferenz kritisierten die Behandlung von Minderjährigen in der britischen Armee als „besorgniserregend“. Besonders kritisierten sie, dass Minderjährige auch in Konfliktgebieten eingesetzt würden. Rund 50 britische Soldaten unter 18 Jahren seien als Teil der Friedenstruppe im Kosovo eingesetzt. Auch im Golfkrieg gegen den Irak 1991 seien Minderjährige an die Front geschickt worden. Zwei von ihnen kamen dabei ums Leben. Außenminister Fischer sagte zu, das Problem im Rahmen der EU mit Großbritannien zu diskutieren.
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