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Nachhilfe in Politik für Bremer Senat

■ Für acht Millionen Mark sollen Profis aus der Unternehmensberater-Branche der großen Koalition in den nächsten Jahren zur Seite stehen / Europaweite Ausschreibung läuft bereits

Der Bremer Senat will sich bis zum Ende der Legislaturperiode für insgesamt acht Millionen Mark professionelle Politik-Beratung einkaufen. „Beratungsdienstleis-tung zur Neuordnung der Aufgabenwahrnehmung in der Bremischen Verwaltung“ heißt das im Verwaltungsdeutsch. Auf die europaweite Ausschreibung haben sich ein halbes hundert Firmen beworben, im Grunde also alles, was groß ist und Rang und Namen hat: Roland Berger, McKinsey, KPMG und so weiter. 18 Bewerber sind aufgefordert worden, bis zum 9. November ihr Angebot zu konkretisieren. Bis zum 26. November soll die Entscheidung im Senat vorbereitet werden.

Im Grunde wird der Senat selbst das aber nicht entscheiden. Anfang Oktober wurde eine Struktur versabschiedet, mit der sich ein Stück weit selbst entmachtet, weil die bisherige Arbeitsweise weitreichend über den Haufen geworfen wird. In diversen „Lenkungsgruppen“ sollen Staatsräte und Spitzenbeamte aus verschiedenen Senatsressorts sitzen und die Entscheidungen vorbereiten. Die Ergebnisse solcher „Lenkungsgruppen“ sind der Entscheidung einzelner Senatoren entzogen und der Senat insgesamt wird kaum anders können als „Ja“ zu sagen, wenn fünf wesentliche Staatsräte aus zentralen Ressorts sich vorab auf ein „Ergebnis“ verständigt haben. Diese Ergebnisse werden dann auch noch mit dem Siegel des unabhängigen Gutachters, mit denen die „Lenkungsgruppen“ über die Jahre zusammenarbeiten wollen, versehen sein.

In der vergangenen Legislaturperiode hatte dieses Modell nicht funktioniert, weil der Staatsrat der Senatskommission für das Personalwesen (SKP), Johannes Beermann (CDU), sich mit den Staatsräten Günter Dannemann (Finanzen) und Reinhard Hoffmann (Rathaus) gegenseitig blockiert hatte. Beermann ist weg, „seine“ SKP wird in den nächsten Wochen aufgeteilt und in der neuen „Staatsräte-Lenkungsgruppe“, die über allen anderen Lenkungsgruppen schwebt, sitzt keiner mehr mit CDU-Parteibuch.

Unter dieser „Staatsräte-lenkungsgruppe“ soll es fünf andere „Steuerungsgruppen“ geben, die Themen wie „Landesentwicklung/Häfen“, „Konzerncontrolling“, „Bürgerkommune/lokale Dienstleistung“ verantwortlich zu gestalten haben und damit diese Kompetenz den bisher zuständigen Ressorts entziehen. Mit dieser neuen Struktur soll der Reformprozess, der in den vergangenen Jahren nur stockend vorankam, vor dem Ende des Sanierungszeitraumes beschleunigt werden. In der Steuerungsgruppe „Ausgliederungen und Verselbstständigungen“ geht es um die „Weiterentwicklung von bremischen Gesellschaften“ – hinter einem Spiegelstrich ist zum Beispiel die Wohnungsbaugesellschaft „Bremische“ angeführt, die noch zu 51 Prozent im bremischen Besitz ist. Kleinere Themen sollen in „Ressortprojektgruppen“ bearbeitet werden, das reicht von dem Thema „Standesamt“ bis zur „Umsetzung der Empfehlungen des Wibera-Gutachtens zu den kommunalen Kindergärten“.

Bisher konnte ein Senatsressort zu einer strittigen Frage ein Gutachten in Auftrag geben, in Zukunft wird das nur noch im Ausnahmefall möglich sein. Einer der Gutachter-Firmen soll der Auftrag über die kommenden Jahre pauschal gegeben werden, die Beratung in Detailfragen soll in der Summe von acht Millionen Mark, die dafür zur Verfügung gestellt worden sind, eingeschlossen sein. K.W.

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