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Sichere Passage für Palästinenser

Israel eröffnet nach jahrelangen Verhandlungen den Transitkorridor zwischen dem Gaza-Streifen und dem Westjordanland. Wer ihn passieren möchte, muss sich jedoch strikten Sicherheitskontrollen unterziehen  ■   Aus Gaza Susanne Knaul

Mit einer bescheidenen Zeremonie am Kontrollübergang zum Gaza-Streifen wurde gestern die so genannte sichere Passage zwischen dem Gaza-Streifen und dem Westjordanland eröffnet. Die Straße zwischen den beiden palästinensischen Autonomiegebieten führt über israelisches Territorium. Nur einige hundert Palästinenser hatten sich jenseits der Schranken versammelt und warteten auf die Freigabe der Passage, während auf israelischer Seite zwei kurze Ansprachen gehalten wurden. Von einer „vertrauensbildenden Maßnahme“ sprach der palästinensische Minister für zivile Angelegenheiten, Jamil Tarifi. Besser zu spät als gar nicht, schien sein Motto: „Die Öffnung des Korridors ist seit fünf Jahren überfällig.“ Sein israelischer Counterpart bei den Verhandlungen, Schlomo Ben-Ami, Minister für innere Sicherheit, kam selbst nicht zur Eröffnung, sondern ließ sich von Ari Schiffman, dem Generaldirektor in seinem Büro vertreten. „Einen Korridor des Friedens“ erhofft sich Schiffmann, der zudem auf Wirtschaftswachstum auch für die „Ortschaften entlang der Straße“ hofft. Wie das konkret aussehen soll, ist allerdings fraglich, denn die palästinensischen Fahrzeuge dürfen die Passage nicht verlassen, geschweige denn in eine der anliegenden Ortschaften hineinfahren.

Ein nagelneuer goldfarbener Vitara-Jeep rollte im Anschluss an die Zeremonie als erstes Fahrzeug über die Grube, in der israelische Soldaten den Boden des Autos nach Sprengstoff absuchen können. Moussa Abu Saiad heißt der Halter des ersten Privatwagens, der den sicheren Korridor passiert. Er ist Verwaltungschef eines kleinen Dorfes ganz im Süden von Gaza. „Ja“, sagt er aufgeregt auf die Fragen der Journalisten, „wir sind auf dem Weg zum Frieden.“ Seit fünf Jahren sei er nicht mehr im Westjordanland gewesen, dabei hätte das rote Nummernschild zumindest sein Fahrzeug dazu berechtigt.

Mit roten Nummern werden die Wagen der palästinensischen VIPs ausgestattet. Die „sehr wichtigen Leute“ sind Angehörige der palästinensischen Autonomiebehörde, und sie durften schon bisher durch das israelische Kernland reisen. Nachdem der Jeep innen und außen gründlich abgetastet und dann zur Weiterfahrt freigegeben wurde, bleibt es für eine Weile ruhig. Am Tag der Öffnung des sichereren Korridors sind nur ganz wenige Privatwagen unterwegs. Fast alle Reisenden wollen per Bus und einige wenige per Taxi die Strecke überwinden.

Wer sich rechtzeitig mit einer Magnetkarte ausgerüstet hat, durfte sich anstellen, um von den israelischen Sicherheitskräften auf Waffen und Sprengstoff durchsucht zu werden und dann einen sogenannten Exit-Schein zu erhalten, auf dem die Abfahrtzeit notiert ist und der am Grenzkontrollpunkt Tarkumiya im Süden des Westjordanlands, wieder abgegeben werden muss. Einer nach dem anderen lässt die Kontrollprozedur über sich ergehen. Ein junger Mann flucht leise auf die Israelis, als er den Bus erreicht, der sich nur langsam füllt. Hektik entsteht erst durch die internationalen Medienvertreter, die sich für ein schnelles Fernsehinterview mit ihren Kameras und Aufnahmegeräten durch die Busreihen drängeln.

„Ich fahre zu meiner Großmutter nach Ramallah“, sagt Mansur Janjum. Das sei für ihn nichts Besonderes. „Ich fahre jedes Jahr.“ Trotzdem sei die Prozedur mit dem sicheren Korridor „viel einfacher“. Der übliche Weg für eine Besuchergenehmigung dauerte manchmal Wochen. Oft bekamen die Antragsteller Absagen ohne jede Begründung.

Um eine Magnetkarte zu erhalten, muss man nicht länger als zwei Tage warten, und in der Regel ist die Karte für ein Jahr gültig. Seit knapp zwei Wochen sind im Gaza-Streifen insgesamt fünf Büros mit der Ausstellung der Karten beschäftigt. Täglich kommen mehrere hundert Antragsteller. Wer je mit den israelischen Sicherheitskräften in Konflikt geraten ist, hat nur bedingte Bewegungsfreiheit. Die ehemaligen Häftlinge werden bei ihrer Fahrt ins Westjordanland von israelischen Soldaten in einem Jeep begleitet. Doch die meisten Leute erhalten ihre Transitdokumente problemlos.

Der Bus füllt sich mit vielen jungen Männern. Mancher hegt die Hoffnung, im anderen autonomen Teil möglicherweise leichter einen Arbeitsplatz zu finden. Erst im zweiten Bus, der wenige Minuten später losfährt, sind ein paar Frauen und sogar Kinder. Vor zwei Jahren sind die beiden Söhne Safia Abu Rjeines ins Westjordanland gefahren, um dort Arbeit zu suchen. „Ich habe sie seither nicht gesehen“, sagt sie aufgeregt. Die beiden sind 14 und 17 Jahre alt. Safia habe nicht reisen dürfen. Jetzt möchte sie für eine Weile bei ihren Kindern bleiben.

Wenige Kilometer nördlich vom Gaza-Streifen „begrüßt“ eine Gruppe israelischer Demonstranten die ersten Busse auf dem sicheren Korridor. „Gefahr“, steht auf einem der Protestplakate, und „Korridor für Mörder“. Außer den vielleicht 20 Demonstranten, die alle die gestrickte Kipa tragen, die typisch für Angehörige der national-religiösen Bewegung ist, nimmt indes niemand Notiz von den beiden Bussen. Nur ein paar israelische Militärjeeps sind entlang der Straße postiert und achten aus diskreter Entfernung darauf, dass die palästinensischen Fahrzeuge ihre Route nicht verlassen.

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