: Billig. Klassisch. Ökologisch.
■ Ab Montag können die Bewag-Kunden ihren Strom aus drei Tarifmodellen wählen. Teurer wird es nur mit Ökostrom. Aber auch der kostengünstige MultiConnect-Tarif mit Atomstrom lohnt sich nicht für jeden Verbraucher
Strom – das ist nichts weiter als ein Transport elektrischer Ladungen. Er ist entgegen landläufiger Meinung nicht gelb, sondern absolut farblos, unsichtbar gar – und wird immer billiger. Ab Montag haben auch die Berliner etwas davon. Denn dann gelten die neuen Tarife für die rund 1,85 Millionen Privatkunden des ehemaligen Monopolunternehmens.
Die müssen sich jetzt zwischen drei verschiedenen Tarifmodellen entscheiden: BerlinKlassik, ÖkoPur und MultiConnect. Wer nichts tut, bekommt ab Montag BerlinKlassik geliefert. Umweltfreundlich soll er sein, weil in Bewag-eigenen Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen hergestellt. Die haben einen wesentlichen höheren Wirkungsgrad. Für die Erzeugung der gleichen Energiemenge müssen weniger fossile Brennstoffe verheizt werden, entsprechend weniger Emissionen entstehen. Wer mehr für die Umwelt tun will, kann sich mit dem etwas teureren ÖkoPur-Strom beliefern lassen. Der wird zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien gewonnen. Und wem Umwelt egal ist, bezieht MultiConnect, einen Mischmasch aus allen Stromsorten, zum Teil erzeugt in Atom- oder Braunkohle-Kraftwerken.
Bisher kostet der Bewag-Strom 34 Pfennig pro Kilowattstunde. Sparen lässt sich schon mit BerlinKlassik, nach Bewag-Angaben etwa 10 Prozent. Einschließlich Strom- und Umsatzsteuer kostet jede Kilowattstunde 30,3 Pfennig, bei einem Grundpreis von 5,50 Mark im Monat. Die anderen Stromangebote müssen extra beantragt werden. Derzeit verschickt die Bewag ein umfangreiches Informationspaket an alle Kunden, das auch die nötigen Formulare enthält. Wer sich nicht sofort entscheiden will, kann den neuen Tarif auch rückwirkend beantragen. Dieses Angebot der Bewag gilt jedoch nur bis zum 15. November.
Eine Besonderheit ist der Tarif BerlinKlassikPlus. Der kann sich für große Familien oder Wohngemeinschaften lohnen, die mindestens 2.500 Kilowattstunden pro Jahr verbrauchen. Dann kostet die Kilowattstunde nur noch 25 Pfennig, allerdings liegt der Grundpreis bei 16,90 Mark, gekoppelt an eine einjährige Mindestvertragszeit. Die Stromangebote ÖkoPur und MultiConnect werden überwiegend nicht in Berlin erzeugt. ÖkoPur wird nur aus Wind, Wasser und Sonne gewonnen, bei der Herstellung entstehen keine Kohlendioxid-Emissionen. Bei der Zertifizierung dieses Stromangebotes arbeitet die Bewag mit der Umweltorganisation WWF zusammen. Er kostet 39,4 Pfennig pro Kilowattstunde bei einer Grundgebühr von 5,50 pro Monat. Je nach Verbrauch sind das bis zu 15 Prozent mehr als bisher.
Billiger wird es bei MultiConnect. Das Angebot kostet bei einer Mindestlaufzeit von einem Jahr 22,5 Pfennig pro Kilowattstunde. Der Grundpreis beträgt 20,40 Mark. Nennenswerte Einsparungen im Vergleich zu BerlinKlassik ergeben sich deshalb erst ab einem Jahresverbrauch von 3.000 Kilowattstunden. Der Berliner Durchschnittshaushalt verbraucht rund 2.300 Kilowattstunden jährlich.
MultiConnect ist ein Strommix, der auf dem europäischen Markt eingekauft wird. Für die Bewag ein ungeliebtes Kind. „Wir wollen ganz klar unseren Berliner Strom verkaufen, aber wir müssen als Stromdienstleister auch auf die Kunden zugehen, denen der Preis das Wichtigste ist“, sagt Bewag-Sprecher Siegfried Knopf. Er rechnet damit, dass rund 60 Prozent bei BerlinKlassik bleiben werden. Dafür soll Antiwerbung sorgen. Der Slogan für MultiConnect: „Ab 1. 11. können Sie sich Strom von anderen sparen.“ Es fehlt auch der Hinweis nicht, dass ein Teil des Stroms aus Atomkraftwerken stammt.
Knopf weist noch auf die soziale Komponente von BerlinKlassik hin: „Damit sichern die Kunden Arbeitsplätze in der Stadt.“ Dennoch plant das privatisierte Unternehmen einen rapiden Stellenabbau. Ende 2002 sollen nur noch 4.500 Menschen für die Bewag arbeiten. Anfang der 90er-Jahre waren es noch 14.000. Knopf begründet das mit dem Preisverfall auf dem Strommarkt. Auf Dauer werde die Bewag nicht alle 13 Kraftwerke kostengünstig betreiben können. „Stilllegungen sind nicht auszuschließen.“
Richard Rother
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