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DokumentationHöherer Eckwert als einzige Rettung

■ „Worst case“ ohne uns: Der Bremer Kulturrat antwortet auf Senator Schulte

Die Debatte über die Kulturpolitik geht auch nach der lang erwarteten Pressekonferenz von Senator Bernt Schulte (CDU) weiter. „Endlich hat der Kultursenator offensiv den drohenden Kahlschlag problematisiert“, kommentierte die Grüne Fraktionssprecherin Helga Trüpel. Die Grünen erwarten jetzt, dass der Kultursenator die geforderte Eckwert-Erhöhung durchsetzt und dass das Wirtschaftsressort dazu beiträgt. Auch der Kulturrat äußerte sich in einem offenen Brief, in dem Schultes Äußerungen begrüßt werden, aber die Mitarbeit an einem „worst case Szenario“ abgelehnt wird. Wir dokumentieren diesen an die CDU-Bürgerschaftsabgeordneten sowie an das Kulturressort gerichteten Brief in Auszügen.

Der Bremer Kulturrat begrüßt die Feststellung des Kultursenators auf seiner Pressekonferenz am Donnerstag, dass „Bremens lebendige Kulturlandschaft durch eine solide finanzielle Ausstattung langfristig gesichert werden muss“. Diese Festlegung war für die bremischen Kultureinrichtungen bisher die Voraussetzung für ihre Gesprächsbereitschaft mit der Kulturbehörde. Nach den Senatsbeschlüssen über die Haushalts-Eckwerte sehen wir uns jetzt durch die Äußerungen des Kultursenators mit der Aussicht konfrontiert, dass bei Beibehaltung dieser Werte „schmerzliche Schließungen in der Kulturlandschaft die Folge sein“ werden. Heißt das Planungssicherheit?

Selbstverständlich begrüßen wir, dass „im Dialog mit den Kulturschaffenden langfristige Perspektiven für die Kulturlandschaft erarbeitet werden“ sollen. Wir werden uns aber Gesprächen verweigern, die unter dem Vorwand der Erstellung eines Kulturentwicklungsplanes ausschließlich Kürzungs- oder Schließungsszenarien durchspielen. An der Abwicklung der Kultur in „worst case Szenarien“ werden wir uns nicht beteiligen.

Ausschließlich eine Erhöhung des Eckwertes wendet die Bedrohung der Bremer Kultureinrichtungen langfristig ab. Investition in Kultur ist Investition in die Zukunft der Menschen, hat Arend Oetker (Bundesverband der deutschen Industrie) auf einer Veranstaltung der Handelskammer mit der Kulturinitiative „Anstoß“ festgestellt. Wir fordern Sie auf, über einen modernen Investitionsbegriff nachzudenken.

In der jetzigen Situation ist nicht nur von Kultureinrichtungen Phantasie gefragt, sondern in erster Linie von der Politik. Wir wissen seit langem, wie man mit immer weniger Geld auskommt. Es ist an der Zeit, starre Ressort- und Finanzierungsgrenzen aufzuheben. Synergien sind nicht nur in der Kulturszene, sondern auch zwischen den Ressorts des Senats möglich.

Herr Schulte hat in seiner Pressekonferenz dem Bremer Theater „vier Jahre ohne Theaterkrach“ versprochen. Pars pro toto. Was für das Theater gilt, muss für die Bremer Kulturlandschaft insgesamt gelten. Bei den Bemühungen darum werden sich die Kultureinrichtungen dieser Stadt nicht auseinander dividieren lassen.

Brigitte Seinsoth im Auftrag des Bremer Kulturrats

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