: Kaum Hilfe für Zwangsprostituierte
■ Bremer Behörden kooperieren kaum / Opfer erhalten nur zufällig Hilfe / Nordrhein-Westfalen macht vor wie's geht
Illegale Prostitution ausländischer Frauen, die oft in westeuropäische Bordelle verschleppt und hier zur Prostitution gezwungen werden, ist ein großes Geschäft. Vielfach mehr für Zuhälter und Hintermänner als für die Frauen selbst. Die – obwohl oft Opfer von Menschenhandel – kommen nach einer Festnahme bei einer Razzia bislang meist schlecht weg. Sofern sie nicht als Zeuginnen interessant sind, die im Sinne der polizeilichen Ermittlung wichtige Hinweise gegen die Menschenhändler liefern könnten, würden sie meist schnell abgeschoben, kritisierten Fachfrauen bei der gestrigen Bremer Fachtagung zum Thema „Handelsware Frau“ im „Forum Kirche. Um die Frauen, die zumeist traumatisiert seien, kümmere sich kaum jemand.
In Bremen gilt die Lage diesbezüglich als allgemein unübersichtlich. Anders als in Nordrhein-Westfalen, wo rund 300 bis 400 Frauen pro Jahr Aufnahme in ein besonderes Hilfsprogramm finden, in dem sie über das Risiko möglicher Zeuginnenaussagen ebenso beraten werden wie über Unterstützung zur Rückkehr in die Heimat, landen festgenommene in Bremen eher schnell in Abschiebehaft. Wie viele solche Fälle es pro Jahr gibt, das weiß niemand genau. „Wir führen darüber keine Statistik“, sagt Uwe Papencord vom Bremer Ausländeramt. Er schätzt, dass „rund eine Handvoll Frauen im Jahr“ ins Zeuginnenschutzprogramm aufgenommen werden. Allerdings: „Auch diese Frauen fallen nach dem abgeschlossenen Verfahren oft in ein Loch“, so ExpertInnen. Die betroffenen Frauen stünden dann ungefähr so hilflos da wie zu dem Zeitpunkt, als sie in die Prostitution gerieten: „Ohne Ausbildung, ohne Arbeit, ohne Geld. Vielfach seelisch am Ende – und im Heimatland oft diskriminiert.“
Die gestrige Veranstaltung war zu Stande gekommen, nachdem die Bremer Bürgerschaft im vergangenen Herbst einen Beschluss gefasst hatte, wonach u.a. ein Konzept zum gemeinsamen Umgang mit den Opfern von Menschenhandel erarbeitet werden soll. Bislang gab es – neben dem gestrigen Treffen – jedoch nur einige Debatten von beteiligten Ressorts und Behörden über mögliche Kooperation. Ohnedies rechnet niemand mit einer besonderen Finanzierung.
ExpertInnen aus Nordrhein-Westfalen berichteten gestern unterdessen, wie es besser zu machen wäre. Sie werden bisweilen sogar vor Polizei-Razzien informiert – „damit wir wenigstens eine Beratungsbereitschaft haben“, wie Monika Bußmann berichtete. Sie betreut in Nordrhein-Westfalen im Rahmen des besonderen Hilfsprogramms seit 12 Jahren ausländische Prostituierte. Obwohl Nordrhein-Westfalen als wegweisend gilt, übt Bußmann Kritik. Das Ausmaß der Verletzung, die die Frauen erlitten, würden nicht wirklich wahrgenommen. „Der Tatort des Verbrechens ist Deutschland. Hier liegt die moralische Verantwortung.“ Auch gebe es kaum internationale Zusammenarbeit.
Dies bestätigte auch Bärbel Butterweck, Leiterin der Prostituiertenhilfseinrichtung „La Strada“ in Tschechien. Ihre Organisation begleitet u.a. die Rückkehr von Frauen. „Wir beobachten sogar, dass Klientinnen oft mehrfach verschleppt werden.“ Die Opfer seien vielfach labil und hätten oft Gewalterfahrungen in der eigenen Familie gemacht – „um nicht zu sagen, die hat sie sogar verkauft.“ Ihre Organisation arbeitet deshalb auch im Bereich der Prävention. Ein Zielpunkt: Kinderheime. „Die Akteure im Menschenhandel sind klug.“ Sie böten den Mädchen oft gezielt eine scheinbare „Ersatzfamilie“ an. Bei fehlender sozialer Infraktur wie in Tschechien sei ohne Hilfe aus dem Ausland dagegen aber schwer anzugehen. ede
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