Solidarität mit Mr. President

■ Millionenverluste der Musikindustrie durch selbstgebrannte CDs / Stars auf Werbetour gegen das illegale Kopieren / Macht Schwarzbrennen arbeitslos?

Die Musikindustrie hat ein Problem: Ihr Geschäft leidet unter Raubkopien. Deshalb haben sich die Branchenverbände mit den Rechteverwertern zur Initiative „Copy Kills Music“ zusammengeschlossen und eine Kampagne gestartet: Unter dem Slogan „Das Ende vom Lied“ tourt ein Info-Bus durch die Republik, in dem Pop-Größen von Fanta4 bis zu den Prinzen die Kids davon überzeugen sollen, keine CDs selbst zu brennen, sondern lieber die Originale käuflich zu erwerben.

Das „massenhafte Klonen“ von Musik-CDs mit bereits 700.000 privaten CD-Brennern in Deutschland, so die alarmierende Erkenntnis der Branche, hat der Musikindustrie 1999 Umsatzverluste in Höhe von 220 Millionen Mark zugefügt. Für das Jahr 2001 geht die Initiative von einem Bestand von 3,4 Millionen Brennern aus, was die Umsätze in Milliardenhöhe einbrechen lassen würde.

Diese düsteren Aussichten haben auch die Bremer Band Mr. President beeindruckt, die gemeinsam mit dem Kollegen Dune Jugendlichen die Problematik erklärten. Im Info-Bus auf dem Parkplatz des Alten Gymnasiums standen die vier Musiker ihren Fans Rede und Antwort – zumindest jenen, die es schafften, sich durch den engen Bus zu drängeln.

Die Jung-Stars hatten die Argumente ihrer Arbeitgeber gut parat: Durch das Raubkopieren von CDs gehe „die ganze Struktur“ kaputt, die Nachwuchsbands brauchten, um den Durchbruch zu schaffen, gab Lazy von Mr. President zu bedenken. Schlimmer noch, wenn die Plattenfirmen kein Geld mehr für Werbung hätten, würde bald überhaupt keine neue Musik mehr gekauft und irgendwann auch nicht mehr gemacht. Dann würden auch Radiosender und MTV oder VIVA verschwinden, weil sie nichts mehr zu spielen hätten. Nicht zuletzt, sekundierte Kollegin Danii verantwortungsbewusst, seien schon jetzt 30.000 Arbeitsplätze in Gefahr.

Die eigenen Verluste durch Raubkopien mochten die Musiker von Mr. President dagegen nicht schätzen. „Noch“ könnten sie von ihrer Musik leben, aber bei anhaltendem Trend vielleicht nicht mehr lange, sagte Danii nachdenklich. Dass Musik-CDs zu teuer sind, gaben die Musiker zwar zu, verwiesen jedoch achselzuckend darauf, dass sie die Preise nicht selbst gestalten. Aber bei Erfolg ihrer Kampagne sieht Lazy Verhandlungsspielraum, um bei der Industrie niedrigere Preise durchzusetzen.

Ob der schlichte Appell an die Jugendlichen schwerer wiegt als das knappe Taschengeld? Der US-Amerikaner ist optimistisch, hatte doch in seiner Heimat in den achtziger Jahren die Kampagne „Home taping is killing music“ erhöhte Verkaufszahlen zur Folge. Und wenn es diesmal nicht klappt? Codierte Datenträger sind für den Musiker keine Lösung: „Das würde die Preise nur noch weiter in die Höhe treiben.“

„Früher“, musste Sängerin Danii einräumen, nahm sie selbst aus Geldmangel gelegentlich Musik auf Cassetten auf. Aber wegen des Qualitätsverlustes kauften die Kids ihre absoluten Hits damals lieber selbst. Seit CD-Brenner quasi perfekte Kopien ermöglichen, sei das anders geworden.

Die Jugendlichen waren dem Ruf der Stars aus ganz verschiedenen Motiven gefolgt. Den Allerjüngsten ging es vor allem um ein Autogramm, viele Ältere wollten nur am Gewinnspiel um drei Praktikumsplätze in der Musikbranche teilnehmen. Einigen Schülern hatte ihr Lehrer erzählt, sie würden dort lernen wie man CDs brennt.

Manche Jugendliche trieb tasächlich die Sorge um den musikalischen Nachwuchs zur Veranstaltung, während andere das Anliegen der lokalen Stars weniger ernst nahmen: „Übertrieben und albern“ sei die Aktion, und die Band doch sowieso „berühmt“ und damit aller Sorgen ledig. Eine Handvoll junger Musikfans gab freimütig zu, illegal gebrannte CDs zu besitzen, die Bekannte zu Preisen zwischen fünf und 14 Mark anböten.

Einig waren sich die Schüler, dass das Treffen mit den Stars besser ist als der Lateinunterricht, von dem sich einige unerlaubt entfernt hatten. Glaubwürdig versicherte Lazy, dass er kein Problem damit habe, die Schüler zum Schwänzen zu verleiten: „Ich biete hier schließlich auch eine praktische Lehrstunde“, sagte er grinsend. jank