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„Wir wagen mehr als die Großen“

■ Nicht nur für Sammler bibliophilen Rindsleders: 20 Klein- und Kleinstverlage aus Norddeutschland präsentierten sich in Hannover auf der „Buchlust“-Messe

Einen dreisprachigen Venedig-Reiseführer auf italienisch, hochdeutsch und plattdeutsch bekommt man nicht alle Tage zu sehen. Auch nicht die Puschkin-Erzählung Der Sargmacher, auf 24 großformatigen Seiten abgedruckt und mit sechs Holzschnitten illustriert. Kostenpunkt für die Lederausgabe: 890 Mark. Doch es gab nicht nur skurrile Bücher, die am Wochenende im Hannoveraner Sprengel-Museum auf der „Buchlust“ vorgestellt wurden, wo sich 20 Klein- und Kleinstverlage aus Niedersachsen, Hamburg und Bremen mit ihrem Programm präsentierten.

Ein Kleinverlag, der jüngst von sich Reden machte, ist der Lüneburger zu Klampen-Verlag. Mit der Herausgabe der Werke des 1976 verstorbenen Soma Morgenstern, der das jüdische Leben in Ostgalizien wie bisher kaum ein anderer beschreibt, war er mit einem Schlag in den Buchhandlungen von Flensburg bis Zittau vertreten. „Wir haben Morgenstern bekannt gemacht und er uns“, resümiert Dietrich zu Klampen. Er gründete 1983 mit zwei Freunden noch während des Studiums den Verlag. Gemeinsames Ziel: die kritische Theorie von Adorno und Horkheimer bekannter zu machen. „Früher gab es solche Bücher über die kritische Theorie nur bei Suhrkamp und wir dachten, wir bilden dazu eine Alternative.“ Eine rentable, wohlgemerkt: Von Klampen kann mittlerweile von seinem Verlag leben.

Ein ganz anderes Verhältnis zum Buch hat Jürgen Meyer Jurkowski. Der Grafik-Designer gründete 1998 in Hamburg die Edition M&M. Ein bibliophiler Kleinverlag, in dem bislang Wolfgang Borcherts Hundeblume und Puschkins Sargmacher erschienen sind. Für Meyer Jurkowski ist Buchmachen Kunst, seine Holzschnitte zu den Texten sind mehr als reine Illustration. Bei Auflagen zwischen 30 und 100 Stück liegt der Herstellungspreis pro Band schon über 500 Mark.Mit den eigenen Büchern einmal den Lebensunterhalt zu verdienen, davon kann er wie die meisten „Buchlust“-Aussteller nur träumen.

Axel Stiehler ist zusammen mit Mirko Schädel Verleger der Achilla Presse, die ihren Hauptsitz in Hamburg hat. Ihr Geld verdienen die beiden als Grafiker. Wie lebt es sich mit einem Verlag, in dem jährlich zehn Titel erscheinen, meist Übersetzungen aus dem Amerikanischen von mehr oder weniger bekannten Autoren? „Schlecht, aber früher war es noch schlechter“, lacht Stieler. „Wir wagen mehr als die Großen. Wir bringen Autoren raus, die sonst nie bekannt geworden wären. Wenn sie Erfolg haben, wandern sie dann zu den großen Namen ab.“ Stiehler sieht das gelassen. Gerade hat er Herman Melvilles Roman Maskeraden erstmals auf deutsch herausgebracht.

Und dann gibt es bei Achilla noch den bereits erwähnten einzigartigen Venedig-Führer Nix för Frömde. Auch wer weder Italienisch noch Platt- oder Hochdeutsch versteht, wird durch das Auge verwöhnt: Die aufwendige Gestaltung vieler Bücher von Kleinverlagen unterscheidet sich oft wohltuend von der in großer Auflage verbreiteten Massenware großer Buchkonzerne.Joachim Göres

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