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Jaaaaa! Glückwunsch, Rostock, du hast es endlich geschafft!

■ Nach monatelangem Tauziehen im ZDF-Wetterkartenstreit siegt der hanseatische Unternehmergeist

Berlin (taz) – Eine Stadt weint vor Glück: Seit die Bewohner Rostocks wissen, dass ihre geliebte Heimat ab dem 1. Dezember einen festen Platz auf der ZDF-Wetterkarte erhalten wird, geht es rund um das Kröpeliner Tor zu wie nach einer gewonnenen Fußballweltmeisterschaft. Bier fließt in Strömen, wildfremde Menschen liegen sich in den Armen, eine Trachtengruppe formiert sich zu immer wüsteren Tänzen, und die Rollmopskanone böllert ohne Unterlass. „Das ist so super“, ruft Krabbenbrötchenverkäuferin Mandy (21), „der Seidel hat's geschafft!“

Der Seidel: Für die Rostocker ist Ulrich Seidel der Held des Millenniums. Dem Geschäftsführer des „Unternehmerverbandes Rostock und Umgebung“ war in diesem Sommer der Kragen geplatzt: Als das ZDF seine Wetterkarte erweitert und ausgerechnet dem kleinen Saarbrücken einen Platz gegeben hatte – angeblich, um den Zuschauern angesichts der „großen ungegliederten Fläche im Südwesten Deutschlands“ die Orientierung zu erleichtern, wie Chefredakteur Helmut Reitze argumentierte. Andererseits war aber just der saarländische Ministerpräsident Reinhard Klimmt in den ZDF-Verwaltungsrat berufen worden. Ein Zufall?

Ulrich Seidel ging jedenfalls in die Offensive. Schon lange hatte er sich über die vielen „Wetterfalschprognosen zu Lasten Mecklenburg-Vorpommerns“ geärgert. Und nun auch das noch: Saarbrücken auf der Wetterkarte, Rostock dagegen nicht. Für kurze Zeit mutmaßte Seidel gar, Rostock sei gegen Saarbrücken ausgetauscht worden – dies führe zur „Abwertung des wichtigsten Wirtschafts- und Tourismusstandortes Mecklenburg-Vorpommerns“, wetterte er und forderte seinen Ministerpräsidenten Harald Ringstorff auf, beim ZDF Einspruch zu erheben.

Obwohl sich bald herausstellte, dass es Rostock bisher nur zu einem Eintrag auf der Seewetterkarte gebracht hatte, ließ sich der Sozialdemokrat nicht lumpen. Gemeinsam mit dem Staatskanzleichef und Fernsehratsmitglied Otto Ebnet unterstützte Ringstorff die Seidelsche Mission, Rostock einen ordentlichen Wetterkartenplatz zu sichern. Wie aus sicherer Quelle zu erfahren war, hielten Ringstorff und Ebnet im August eine dreitägige Mahnwache vor der Tür des ZDF-Intendanten Dieter Stolte ab; zusätzlich ließ der „Unternehmerverband Rostock und Umgebung“ im Monat September an jedem Freitag einen ansprechenden Präsentkorb mit Spezialitäten aus Rostock und Umgebung nach Mainz liefern.

Wie sich jetzt zeigte, war diese Strategie erfolgreich. Rostock sei „ein hervorragender Orientierungspunkt im Nordosten Deutschlands“, teilte das ZDF am Montag mit – zur großen Freude von Ulrich Seidel, der die nunmehr „gleichberechtigte Stellung“ seiner City „unter den markanten deutschen Großstädten“ begrüßte und seinen Sieg bescheiden „eine nicht unwichtige Wertung der aufstrebenden Region“ nennt.

Am Kröpeliner Tor sieht man das ganz ähnlich. „Ich glaube, dass Rostock allen Deutschen helfen wird, sich auf dieser großen ungegliederten Wetterkartenfläche im Nordosten unseres Landes besser zu orientieren“, strahlt Mandy.

Carola Rönneburg

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