: Stromnetze künftig billiger zu haben
■ Bundesgerichtshof stärkt im Musterprozess die Kommunen
Karlsruhe (taz) – Gemeinden, die ihr Stromnetz übernehmen wollen, können auf einen Preisnachlass hoffen. In einem Musterprozess hat gestern der Kartellsenat des Bundesgerichtshofes im Sinne einer kaufwilligen Kommune entschieden.
Geklagt hatte die oberbayerische Gemeinde Kaufering (knapp 10.000 Einwohner), die bisher von den Lechwerken (RWE-Tochter) versorgt wurde. Als 1995 der Konzessionsvertrag auslief, wollte Kaufering die Stromversorgung selbst übernehmen. Allerdings konnten sich Gemeinde und Stromversorger nicht über den Kaufpreis einigen. Die Lechwerke pochten auf eine „Endschaftsklausel“ im Konzessionsvertrag, wonach die Gemeinde das Netz zum „Sachzeitwert“ (Verkehrswert) hätte abnehmen müssen, dieser hätte bei 8,44 Millionen Mark gelegen. Viel zu teuer, sagte die Gemeinde und bot zwei bis drei Millionen Mark.
Der Streit landete vor Gericht, wobei in den ersten beiden Instanzen die Lechwerke gewannen. Juristisch gesehen hatten sie es einfach, da sie nur auf die Einhaltung des abgeschlossenen Vertrages pochen mussten. Außerdem konnten sie darauf verweisen, dass der Sachzeitwert auch im Muster-Konzessionsvertrag des Landes Bayern enthalten war.
Der BGH sah die Sache nun aber anders. Der Sachzeitwert sei für die Berechnung des Netzwertes nur dann zulässig, wenn er den „Ertragswert“ des Netzes nicht deutlich übersteige. Die entscheidende Frage lautet nun, wie viel Geld mit dem Kauferinger Netz in Zukunft verdient werden kann. Weil im derzeit recht stürmischen Strommarkt auch der BGH darauf keine sichere Antwort wusste, verwies er die Sache zurück an das Münchener Oberlandesgericht.
Kauferings Bürgermeister Klaus Bühler war mit der Karlsruher Entscheidung sehr zufrieden. „Der Ertragswert wird sicher näher an unserer Zahl liegen als an der der Lechwerke.“ Der Prozess der Gemeinde Kaufering wurde mit Unterstützung des Verbands kommunaler Unternehmen als bundesweites Musterverfahren geführt. Christian Rath
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen