piwik no script img

Die Placebo-Demo

■ Heute am Parlament: DGB-Aktion für ein längst beschlossenes Arbeitslosenticket

Stell dir vor, es gibt 'ne Demo und keiner weiß, warum. So ähnlich nämlich wird es heute ab 10 Uhr vor und im Abgeordnetenhaus zugehen. Eine Hand voll Vertreter von Arbeitsloseninitiativen und Gewerkschaften lässt sich zum Abgeordnetenhaus karren, um ein „Arbeitslosenticket – Jetzt!“ zu fordern. Nur, das Ticket ist längst beschlossene Sache. Noch in seiner letzten Sitzung am 23. September hat das Parlament einstimmig der Wiedereinführung einer verbilligten BVG-Monatskarte für 40 Mark zugestimmt. Dann kamen erst mal die Wahlen. Ein neuer Senat ist noch nicht im Amt; keine Gelegenheit also für die Landesregierung, den Ticket-Beschluss umzusetzen. Demonstrieren kann man ja trotzdem, dachte sich der Deutsche Gewerkschaftsbund Berlin und lud sich das „Aktionsbündnis Erwerbslosenproteste“ und „Semtix“, eine Organisation für die Einführung eines Studententickets, ins Boot. Gemeinsam wollen sie „Druck machen“. Ziel: der Senat soll sich „nicht so lange Zeit lassen“, wie es in einer Presseerklärung heißt. Dabei ist niemand gegen das Vorhaben. Im Gegenteil: Ins Abgeordnetenhaus kommen sie als geladene Gäste, gibt Detlef Ebel, einer der Organisatoren des Protestes, zu. Wir demonstrieren nur“, sagt Ebel, „um unsere Leute zu beruhigen.“ 50.000 Unterschriften seien für das Arbeitslosenticket gesammelt worden. „Wir zeigen allen, die unterschrieben haben, dass wir am Ball bleiben.“ Tatsächlich ist noch offen, wann das Ticket eingeführt wird. Realistisch sei der 1. Januar 2000, meint Ebel. Etwas Neues gibt es heute aber doch: den inoffiziellen Entwurf für das Ticket. Das von dem Zeichner Jim Avignon gestaltete Ticket soll heute großzügig an Abgeordnete und sonstige Berliner verteilt werden.

Thorsten Denkler

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen