: Scherf lässt Bäcker im Stich
■ Klabenverkauf auf dem Marktplatz begann ohne den Bürgermeister
Etwas allein gelassen fühlten sich gestern Vormittag die Vertreter der Bäcker-Innung beim Anschneiden ihres Riesen-Klabens. Sie mussten ohne Bürgermeister Henning Scherf (SPD) auskommen.
Der hatte seine Unterstützung für diese wohltätige Aktion, deren Erlös dem Weißen Ring zu Gute kommen soll, eigentlich fest und klipp und klar zugesagt. Wo denn der Bürgermeister sei, wollten darum auch viele, von Scherfs bürgernahen Gesten verwöhnte Bremer wissen. Die Pressestelle des Senats zeigte sich voller Bedauern: Scherf sei durch einen Gewerkschaftstag aufgehalten worden und hätte daher nur sehr verspätet auf dem Marktplatz erscheinen können. Es sei wirklich sehr schade um den geplatzten Fototermin. Betonung auf Foto. Nun, dieses Jahr also kein Pressefoto, das Henning Scherf in schöner Eintracht mit den klabenkauenden Bürgern und Bürgerinnen seiner Stadt zeigt.
Wenden wir uns dem Klaben zu. Um den ging es schließlich. Riesig sollte er sein, ganz genau eine Länge von 100 Metern aufweisen. Doch wer sich nun tatsächlich auf einen monströs großen und langen Klaben eingestellt hatte, sah sich bitterlich getäuscht. Das sei technisch ja gar nicht möglich, einen derart langen Klaben zu backen, klärten die Fachleute, sprich die Bäckermeister, neugierige Frager auf. Lauter kleine, kurze Klaben, kaum einen Meter lang, waren stattdessen quer über den Marktplatz auf Tischen aneinandergereiht worden. Aber 100 Meter waren auch das nicht, schließlich sollte der Klabenverkauf nicht den Straßenbahnverkehr in der Obernstraße lahmlegen. Genau das wäre jedoch passiert, hätte man tatsächlich auf dem Bremer Marktplatz den „längsten Klaben der Welt“ inszeniert.
All denen, die ihre durch die von der Senatspressestelle hochgeschürten Erwartungen an dieses Ereignis nicht erfüllt sahen, blieb somit nur der schwache Trost, dass der Klaben gar nicht übel schmeckte, und dass sie mit dem Kauf des Klabens schließlich ein gutes Werk getan hatten. Vorausgesetzt, dieser Teil der Geschichte stimmt.
Tanja Vogt
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