■ Standbild: Nicht ganz frisch
„Die Todesfahrt der MS SeaStar“, Fr., 20.15 Uhr, Pro7
Auf die Optik verstehen sich Deutschlands Nachwuchsregisseure mittlerweile. Auch den Produzenten kann man eine gewisse Hochachtung nicht versagen, wenn sie mit dem Etat eines Fernsehfilms Beachtliches zustande bringen. Es gibt Kinoproduktionen, die sehen billiger aus als manch ein Pro7-Freitagsfilm.
Hingegen hapert's noch bei der Ausarbeitung guter Geschichten. Darum werden Anleihen bei populären Vorbildern gemacht, was als augenzwinkernd serviertes Angebot an genreerfahrene Zuschauer recht vergnüglich sein kann. Selten aber stachen die Originale so ins Auge wie in diesem Fall: Das Personal stammte aus „Stirb langsam“, Schauplatz und Details aus „Alarmstufe: Rot“. Auch wenn die Versatzstücke umgestellt waren, ist man beinahe geneigt, von einem Plagiat zu sprechen.
Ralf Bauer, bereits seeerfahren, war als schwer zu disziplinierender Kampfschwimmer Sven Tauchert mehr Steven Seagal als Bruce Willis. Taucherts Ehe ist zerrüttet, infolge der eigenen beruflichen Beanspruchung und weil ihm die Karriere der Gattin gewisse Probleme bereitet – ein exaktes Abbild der Ausgangssituation in „Stirb langsam“. Anna Tauchert schifft sich samt Tochter Laura auf einem Kreuzfahrtdampfer ein, um für eine Reportage zu recherchieren; ihr Mann schmuggelt sich an Bord, um Lauras Geburtstag zu feiern. Kurz nach dem Auslaufen kapern Terroristen das Schiff, um Lösegeld zu erpressen und eine alte Rechnung zu begleichen.
Der Versuch eines gewaltsamen Eingriffs endet schmachvoll für das Kommando – vergleiche „Stirb langsam“. Tauchert ist weitgehend auf sich gestellt, einzig in dem sonnigen Smutje Mario findet er einen Verbündeten. Gespielt wurde der Küchenmeister von Bruno Maccallini, bekannt aus der Werbung für pulverisierten Cappuccino. Und so wie Instantkaffee im Vergleich zu frischem Sud schmeckte die Handlung dieses Films nach drittem Aufguss. Aber, die Reklame macht es vor, mit sympathischen Figuren kann man selbst das verkaufen. Harald Keller
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