: Geister, die niemand rief
Wo sollen Bauwagen-Bewohner hin? Hauptsache weg, fordert die CDU in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft ■ Von Elke Spanner
Die rechtsextreme NPD hat für Samstag eine Demonstration gegen den neuen Bauwagenplatz in Barmbek angemeldet – und die CDU hat nichts anderes zu tun, als gegen die rot-grüne Koalition zu hetzen, die den Platz ermöglicht hatte. Die Verwaltung, schimpfte der CDU-Abgeordnete Heino Vahldieck gestern in der Bürgerschaft, habe die Bauwagen in den Elligers Weg ziehen lassen, obwohl Anwohner mit 4000 Unterschriften dagegen protestiert hätten. Dadurch würden sich die Extremisten berufen fühlen, befand er und kündigte an, unbeirrt weiter gegen Bauwagen Politik zu machen: „Die CDU wird sich nicht von Trittbrettfahrern daran hindern lassen, für die Bürger Partei zu ergreifen.“
Die CDU selber hatte das Thema für die Aktuelle Stunde angemeldet. Jetzt bekommt sie ihr Fett weg. Sie müssten sich die Frage nach der Mitverantwortung stellen „für die Geister, die sie gerufen haben“, empfielt Andrea Hilgers (SPD) den Christdemokraten. Denn Rechtsradikale, assistiert GALier Martin Schmidt, würden nun „auf den Plan treten, weil Sie es geschafft haben, alle plumpen Vorurteile gegen Bauwagenbewohner zu mobilisieren“. Susanne Uhl von der Regenbogengruppe resümiert „ein Schaustück, wie man mit dumpfen Parolen Gewalt gegen Minderheiten provoziert“ und zieht die Parallele zu den Angriffen auf AusländerInnen in Mölln, Solingen und Rostock.
Ehe der Bauwagenplatz im Elligers Weg eingerichtet wurde, hatte die CDU im Einklang mit einer Bürgerinitiative für Barmbek Kriminalität, Drogen und Verslummung heraufbeschworen. Als abschreckendes Beispiel bemühten sie stets den Platz in der Altonaer Gaußstraße. Dabei seien die Schwierigkeiten mit den dortigen BewohnerInnen gerade der Grund dafür, „dass wir jetzt einen anderen Weg ausprobieren“, erinnert Bausenator Eugen Wagner (SPD). Er fragt in Richtung CDU: „Wo sollen die Leute denn sonst hin?“ Zwischenruf von den Bänken der Union: „In die Rote Flora!“
Zwei weitere Male versucht der Bausenator, von der CDU eine ernsthafte Antwort zu bekommen. Doch die, inzwischen vertreten durch ihren Fraktionsvorsitzenden Ole von Beust, hat sich längst auf Polemik verlegt. „Es tut ja schon weh, Senator zu diesem Mann zu sagen“, höhnt von Beust und rät dem Bürgermeister: „Herr Runde, schmeißen Sie den Mann endlich raus.“ Die Frage, wo die BauwagenbewohnerInnen hinziehen sollen, bleibt offen. Auch Susanne Uhl versucht es noch einmal. Ehe der Platz bezogen wurde, jammert CDU-Hardliner Karl-Heinz Ehlers, „hat uns niemand danach gefragt“. Uhl spottet: „Seit wann reden sie nur, wenn sie gefragt werden?“ Es dürfte das erste Mal sein, dass die Regenbogengruppe tosenden Applaus von den Abgeordneten von SPD und GAL bekommt.
Die CDU könnte sich bald noch mehr ärgern. Uwe Hornauer, Bezirksamtsleiter Altona, erklärte gestern, dass die kleine Bauwagengruppe „Dosengarten“ den Parkplatz Braun nun auch räumen müssen. „Die können ja auch in den Elligers Weg ziehen“, so Hornauer.
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