: Akademie gegen „gute Stube“
■ Die Akademie der Künste plädiert für einen weltoffenen Pariser Platz. Diskussion um einen neuen Standort abgelehnt
Die Akademie der Künste will nicht zum Wachhäuschen der US-Botschaft avancieren. Die Pläne des State Departments, die benachbarte US-Botschaft mit Absperrgittern und Polizeibeamten zu sichern, stoßen beim Präsidium der Akademie auf scharfe Ablehnung. Nach Ansicht von Hans Gerhard Hannessen, Präsidialsekretär der Akademie, bedeuten die US-Vorstellungen einen „unvorstellbaren“ Eingriff in den Pariser Platz. Zugleich, so Hannessen, wenden sie sich auch „gegen den Standort und Charakter“ des neuen Akademiegebäudes. Hannessen reagierte auf die Überlegungen des Filmregisseurs Peter Lilienthal, den geplanten gläsernen Neubau vom Pariser Platz abzuziehen.
Der Filmregisseur von „David“ und „Es herrscht Ruhe im Land“ hatte sich gestern gegen eine Akademie am Pariser Platz ausgesprochen. „Das wird doch mit der benachbarten US-Botschaft ein einziger Hochsicherheitstrakt“, sagte Lilienthal. Unter Hinweis auf die Volksfeste bis hin zum Kamelreiten durch das Brandenburger Tor forderte das langjährige Akademiemitglied: „Lieber Disneyland als Akademie am Pariser Platz.“
Die Akademie hatte bis zu den Kriegszerstörungen ihren Stammsitz am Pariser Platz. Der von Günter Behnisch entworfenen Neubau mit einer grossen Glasfassade wird in den kommenden Wochen begonnen. Lilienthal plädiert dafür, das Gebäude im Tiergarten weiter zu nutzen. „Ich fand die idyllische Lage immer besser, wenn man sich mit Künstlerfreunden treffen und in Ruhe unterhalten will“, sagte er.
Hannessen sieht dagegen keinen Anlass für eine Standortdebatte. Statt dessen forderte er Senat und US-Regierung auf, sich gütlich und im Sinne eines frei zugänglichen Platzes zu einigen. Es sei für die Akademie wichtig, dass der „Ort und das Haus einen offenen Charakter behalten“. Eine Abriegelung auch in Teilen schade der Akademie und ihren Besuchern. Hannessen: „Es wäre doch absurd, wenn es bei der US-Botschaft am Pariser Platz einmal so aussieht wie vor der bisherigen US-Botschaft in der Neustädtischen Kirchstraße“. Die USA müssten ihre Pläne ändern und die Sicherheitsansprüche ins Innere des Hauses verlagern.
Außerdem sprach sich Hannessen für eine andere Definition des Pariser Platzes aus. Der Ort sei nicht die so genannte „gute Stube“ für lokale Ereignisse und spezifische Interessen. Der Ort werde zum weltoffenen internationalen Platz, „wo sich Menschen aus allen Ländern treffen“. Schon aus diesen Gründen könnten die geplanten Absperrungen dort keinen Bestand haben.
Rolf Lautenschläger
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen