Vom Opfer zur Klägerin

■ Bündnis gegen Frauenhandel: Polizei und Frauenrechtlerinnen kooperieren

Neue Wege im Kampf gegen Frauenhandel und Zwangsprostitution: Gestern unterzeichneten die Leiterin der unabhängigen Koordinierungsstelle gegen Frauenhandel (Koofra), Ulrike Gatzke, getragen vom Verein „amnesty for women“, sowie Hamburgs Polizeipräsident Justus Woydt einen Kooperationsvertrag. Gemeinsames Ziel ist die Hilfe für Frauen in Bordellen oder Modellwohnungen. „Es ist das erste Mal, das ein freier Träger und Ermittlungsbehörden zusammenarbeiten“, erläutert Marie-Luise Tolle vom Senatsamt für die Gleichstellung der Frau.

Waren in der Vergangenheit Frauen, die durch Menschenhändlerringe illegal nach Deutschland geschleust und dann zur Prostitution gezwungen wurden, ihren Zuhältern hilflos ausgeliefert, könnte damit nun bald Schluss sein. Bereits seit Mitte des Jahren arbeiten Koofra und Polizei bei Razzien im Zuhältermilieu informell zusammen. Obwohl sich die Frauen selbst in einem „Beschuldigtenstatus“ befinden, so der Chef des Dezernats Schwerpunktermittlung Zuhälterei (LKA 730), Detlef Ubben, „steht das Opfer für uns im Vordergrund.“ So werden die Frauen noch während der Polizeiaktion über die Koofra-Arbeit informiert. „Nach der neuen Weisung der Innenbehörde bekommen sie, wenn der Verdacht des Frauenhandels besteht, eine vierwöchige Bedenkzeit“, erläutert Gatzke. In dieser Zeit werden sie von der Koofra untergebracht, psychosozial betreut, durch Juristinnen beraten und können sich überlegen, so Gatzke, ob sie aussagen oder ob sie wieder in ihr Herkunftsland zurück wollen.

Die Koofra hat derzeit zwei Mitarbeiterinnen, die „nach Bedarf“ auf einen Pool von 15 interkultureller Betreuerinnen zurückgreifen können. Gatzke: „Wir haben fast alle osteuropäischen Sprachen abgedeckt.“ Von März bis September hatte Koofra 60 Frauen in ihrer Obhut: „Die Hälfte kam vom LKA, die anderen über amnesty for women.“

Auch für die LKA-Fahnder war das Bündnis „relativ erfolgreich“, meint Woydt. 97 Frauen konnten dazu bewegt werden, gegen ihre Ex-Zuhälter auszusagen. Sie werden nun von der Koofra betreut oder sind im vom LKA ins Betreuungs- und Schutzprogramm für Zeugen aufgenommen und an einem geheimen Ort untergebracht worden. de/kva