: Ägyptische Statuen per Mausklick auf Bestellung
■ Wie Sie Geschenke der besonderen Art finden: In Bremen ist jetzt ein ganz neuer virtueller Museums-Shop für „Geschenke aus den Museen der Welt“ am Markt
Duschen und dann ab in die Küche zum Kaffee-Kochen? Diese morgendliche Reihenfolge gilt nicht mehr für Ingrid Blanken. Sie stürmt neuerdings direkt vom Bett zu ihrem Fax – und checkt erstmal den Eingang. Seit November nämlich ist in Ingrid Blankens Welt kaum etwas mehr wie vorher: In ihrem Keller stapeln sich plötzlich glitzernde, bunte und schnieke Schätze. An ihrer Haustür klingeln morgens nette Menschen, die weitere vollgepackte Pakete vorbeibringen – und morgens liegen wichtige Briefe aus Deutschland, Frankreich oder England im Fax.
Kurz: Ingrid Blanken hat ihr Leben umgekrempelt. Und Schluss gemacht mit den „vielen abgehackten Arbeitsverhältnissen“ aus ihrer Vergangenheit. Mal zwei Jahre ein Forschungsauftrag hier, mal drei Jahre ein Auftrag da: Das war nichts mehr für die gelernte Sozialwissenschaftlerin. Sie wollte sich endlich mal „auf Erreichtem bewegen“ und „Kontinuität für die Zukunft schaffen“. Einfach beim Schopfe packte die passionierte Museums-Besucherin deshalb ihre Begeisterung für die in den USA längst weit verbreiteten Museums-Shops – und wagte mit einem neuen Angebot den Schritt in die Selbständigkeit.
Import-Export, Handelsreferenzen und Werbe-Flyer zählen jetzt zu ihrem Wortschatz: Die 43-jährige betreibt seit November echten Handel – mit dem neuerdachten Museumsshop-Versand „museums:art“, der per Katalog und Internet unter www.museumsart.de „Geschenke aus den Museen der Welt“ vertreibt. Ganze 85 Artikel aus renommierten Museen hat die Bremerin zur Bestellung in ihrem zum Lager umgebauten Keller untergebracht – von nachgebildeten Skulpturen, Miniaturen bis hin zu nachgeahmtem Schmuck oder Wohnaccessoires.
Da steht die Katzenstatue „Katzengöttin Bastet“ aus der Réunion des Musées Nationaux im frisch weiß-gestrichenen Kellerregal. Da schaut die Fruchtbarkeitsstatue „Weibliche Figurine“ aus dem „Israel Museum“ in Jerusalem mit offenen Augen nach vorne – und da glitzern etruskische Ringe und Seidenschals.
Ganze 23 Katalog-Seiten füllen diese Shop-Angebote bereits – mit einer detaillierten Beschreibung über die Herkunft zu jedem Exemplar. Wie zum Beispiel über die Lieblingstiere der Shop-Inhaberin, die blau-glasierten Nilpferde „Hippopotami“: Sie wurden im Alten Ägypten als Grabbeigaben verwendet, „um furchterregende Gestalten und Monster“ zu beschwichtigen und zu vertreiben.
Die Idee für diesen Vertrieb ausgesuchter Stücke aus Paris, New York, Boston oder Wien kam Ingrid Blanken im Grunde ganz spontan – bei einem Museumsshop-Besuch in deutschen Landen, bei dem sie eine mittelalterliche Brosche zum Verschenken käuflich erwarb. „Das Problem war dabei: Die Verkäuferin hatte zwar noch eine Geschenk-Schatulle vorrätig, aber nicht mehr das Zertifikat zum Original.“ Doch gerade dieses Nachweise mache das Replikat erst so wertvoll: „Und da dachte ich mir: Das müsste man besser machen.“
Voll hinter dieser Vermarktung von Reproduktionen steht die Bremerin deshalb auf jeden Fall: „Das Konzept gefällt mir ausgesprochen gut“, sagt sie, „weil es fast so etwas Erzieherisches hat.“ Schließlich seien die Replikate durchaus für jeden Geldbeutel erschwinglich. „Da kann sich jeder etwas mit nach Hause nehmen, für die Familie und die Kinder, die dann damit aufwachsen.“ Das „ist dann nicht so abgehoben-elitär: Ich habe mir deshalb bewusst Dinge ausgesucht, die man ganz normal verwenden kann – um sich den Alltag schöner zu gestalten.“
Know-how und Geschick zum Verkauf sammelte Ingrid Blanken auf eigene Faust als Hospitantin im „Dom-Shop“ vom Bremer St. Petri Dom in der City. Und das nötige Startkapital kam aus dem Bremer Existenzgründer-Programm samt Zuschuss vom Design-Zentrum. Trotzdem war der Katalog „sündhaft teuer“ – ebenso wie die Werbe-Flyer, die sie erstmals einer Frauenzeitschrift beilegte. Das brachte aber tröpfchenweise die ersten richtigen Bestellungen ein.
Jede Menge Hummeln im Hintern hat Ingrid Blanken nun: „Ich wollte doch von null auf 100 durchstarten. Aber das geht natürlich nicht.“ Im Gegenteil: Von Anfang an war Geduld angesagt. Die Museen mussten erstmal mühevoll von der Idee überzeugt – und dann günstige Importeure gefunden werden, die die Stücke günstig nach Deutschland brachten. Aber auch Organisationsprobleme waren und sind zu bewältigen: „Gerade wollte ich zum Beispiel selbst schöne Glasvasen von New York nach Bremen transportieren – und hatte auch extra große Taschen mitgenommen. Aber die Vasen waren einfach zu schwer. Da habe ich wieder Abstand genommen.“
Und so sammelt Ingrid Blanken weiterhin viel Geduld und Spucke – für neue Verkaufs- und Werbe-Ideen und vor allem für den allmorgendlichen aufregenden Gang zu ihrem Bestell-Fax. Katja Ubben
„museums:art“ ist erreichbar unter www.museumsart.de .
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