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SPD-Fraktion zeigt Schulsenator Böger die Gelbe Karte

Senator Klaus Böger (SPD) handelte sich für seine Äußerung zum Religionsunterricht eine „große Rüge“ ein. Fraktionschef Wowereit gegen ein Wahlpflichtfach Religion

Der neue Schulsenator Klaus Böger (SPD) hat sich gleich nach seinem ersten Tag im Amt eine Rüge der SPD-Fraktion eingefangen. Böger hatte zum Reizthema Religionsunterricht erklärt, er könne sich zukünftig ein Unterrichtsmodell vorstellen, bei dem Schüler zwischen Religion und Ethik/Philosophie wählen müssen. Dies war am Dienstag in der SPD-Fraktionssitzung scharf kritisiert worden. „Er hat eine große Rüge und eine Gelbe Karte bekommen“, sagte ein Fraktionsmitglied gegenüber der taz. Der neue Fraktionschef Klaus Wowereit sprach sich gestern erneut gegen eine Einführung der Fächer Religion und Ethik aus. Das Thema war in den Koalitionsverhandlungen zwar lange diskutiert worden, im Koalitionsvertrag wurde aber nichts festgeschrieben. Es wurde lediglich ein ergebnisoffener Dialog darüber vereinbart.

Böger hatte sich schon in der Vergangenheit immer wieder „sehr offen“ und „unideologisch“ gegenüber dem Thema Religionsunterricht gezeigt, sagte gestern ein Vertrauter Bögers, dieses jedoch nicht öffentlich geäußert.

Gerd Eggers, der in der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Bildung tätig ist, interpretierte Bögers jüngste Äußerungen dahingehend, dass er jetzt versuche „seine persönliche Position“ durchzusetzen. Eggers hat aus dem „unmittelbaren Umfeld der Beteiligten der Koalitionsverhandlungen“ gehört, dass die CDU der SPD beim Religionsunterricht einen „Deal“ vorgeschlagen habe. Die CDU habe der SPD ein viertes Senatsressort angeboten, wenn sie im Gegenzug der Einführung von Religionsunterricht als Wahlpflichtfach zustimme. SPD-Chef Peter Strieder habe dies jedoch abgelehnt.

Der bildungspolitische Sprecher der CDU, Stefan Schlede, sagte gegenüber der taz, er habe von einem solchen Deal nichts gehört. Ebenso SPD-Vizechef Klaus-Uwe Benneter, der wie Schlede an den Koalitionsverhandlungen teilnahm: „Es ist zwar alles Mögliche gefallen, aber das nicht“, sagte er. In der letzten, entscheidenden Runde, an der auf SPD-Seite Böger, Strieder und der Köpenicker Bürgermeister Ulbricht, auf CDU-Seite Diepgen, Landowsky und Generalsekretär Volker Liepelt teilnahmen, sei es vielmehr zu einem anderen Tauschgeschäft gekommen: Die CDU konnte durchsetzen, dass die Domäne Dahlem nicht mit Stadtvillen bebaut wird. Dafür verzichteten SPD und CDU beim Streitthema Religionsunterricht auf eine Festlegung im Koalitionsvertrag.

Julia Naumann

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