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21 Monate Gefängnis für einen „armen kleinen Schmierfinken“

Wegen Sachbeschädigung in 23 Fällen muss der bekannte Hamburger Sprayer „OZ“ hinter Gitter – nicht zum ersten Mal

Hamburg (taz) – Eigentlich heißt er Walter F., doch in Hamburg ist er nur unter dem Kürzel „OZ“ bekannt. Mehr als 120.000-mal verewigte der Graffity-Sprayer diesen Schriftzug an Brücken, Telefonzellen, Schaltkästen und Wänden. Wegen Sachbeschädigung in 23 Fällen wurde Walter F. gestern vom Hamburger Landgericht zu einem Jahr und neun Monaten Gefängnis verurteilt.

Oft schon hatten StrafrichterInnen über „OZ“ zu urteilen, unzählige Male ist er in den vergangenen Jahren von der Polizei beim Sprayen erwischt und festgenommen worden – zuletzt Anfang November, als die Berufungsverhandlung vor dem Landgericht bereits lief. 1997 und 1998 hatte ihn das Hamburger Amtsgericht zu insgesamt drei Jahren Haft verurteilt.

Dagegen hatte er Rechtsmittel eingelegt, sodass er in Freiheit war – und eine breite Diskussion in der Stadt auslöste. Denn trotz des schwebenden Verfahrens tauchten neue „OZ“-Schriftzüge an Häuserwänden und Brückenpfeilern auf.

Anfang Oktober wurde „OZ“ von zwei Mitarbeitern eines privaten Wachdienstes auf einem S-Bahnhof krankenhausreif geschlagen. Danach waren in der Stadt nicht wenige Stimmen zu vernehmen, die ihre Freude über diese Selbstjustiz äußerten.

Für Walter F., so sagt er selbst, ist Sprayen der Sinn seines Lebens. Er gilt als Einzelgänger. Ohne Familie aufgewachsen, ohne Schulabschluss und Ausbildung, wurde aus ihm „OZ“. Er war schon über vierzig, als er Anfang der Neunzigerjahre die Stadt mit breit grinsenden Smiley-Gesichtern übersäte. Er wolle der Stadt ein freundlicheres Anlitz geben, begründete er damals und handelte sich zunächst Symphatien ein.

Doch lange schon wird sein Werk nicht mehr mit Wohlwollen betrachtet. Vor allem den Hass von Hausbesitzern, deren Fassaden er besprühte, hat er auf sich gezogen. Mittlerweile gilt er nur noch als „Schmierfink“, und so bezeichnet er sich auch selbst. Ob er sich als Künstler fühle, fragte ihn der Vorsitzende Richter am Hamburger Landgericht. „Nein“, antwortete er, „ich bin nur ein armer kleiner Schmierfink. Das sagt zumindest die Hochbahn und die Presse.“

Ob seine Graffitis nur Hausbesitzer ärgern oder auch juristisch als Sachbeschädigung gelten, war die prozessentscheidende Frage. Zum einen könnten nicht sämtliche „OZ“ in der Stadt dem Angeklagten zugerechnet werden, weil es auch „Trittbrettfahrer“ geben könnte, warnte das Gericht. Zum anderen sind die Graffitis nahezu spurenfrei zu entfernen. „Die Erheblichkeit der Sachbeschädigung richtet sich nach dem Aufwand der Entfernung des Graffitos“, sagte der Richter in der Urteilsbegründung. Die Staatsanwaltschaft hatte drei Jahre Gefängnis beantragt: „Der Angeklagte hat sich bisher durch nichts stoppen lassen.“

Ein anderer Richter hatte „OZ“ vor wenigen Wochen nach anderen Kriterien beurteilt. Während des laufenden Verfahrens und ohne dass er selbst die Akten kannte, hatte der als „Richter Gnadenlos“ bekannte Ronald Schill in einer RTL-Nachrichtensendung sein „persönliches Urteil“ über „OZ“ gesprochen. Der müsse für lange Jahre im Gefängnis verschwinden, forderte Schill, weil er dem „Standort Hamburg“ schaden würde. Möglich wären „bis zu 15 Jahre“ – also lebenslänglich.

Insgesamt ist „OZ“ zwischen 1984 und 1998 in Mannheim, Flensburg und Hamburg bereits zehnmal verurteilt worden. Er saß wegen seiner Taten in dieser Zeit schon rund drei Jahre im Gefängnis. Elke Spanner

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