Kein Gezeitenwechsel

Mit dem neuen Jahrtausend tritt das neue Staatsbürgerschaftsrecht in Kraft. Sonst gibt es nur vereinzelte Gesetzesänderungen  ■ Von Elke Spanner

Juristisch betrachtet wird der Jahrtausend- kein Gezeitenwechsel. Zwar kaut die Bundesregierung noch mühsam auf etlichen großen Gesetzesvorhaben herum, etwa im Miet- oder im Steuerrecht. Einschneidendes ändern wird sich ab dem 1. Januar aber nur für MigrantInnen. Dann tritt das neue Staatsbürgerschaftsrecht in Kraft, das es AusländerInnen erleichtern soll, einen deutschen Pass zu bekommen.

Erwachsene haben künftig bereits nach acht statt bisher nach 15 Jahren einen Anspruch auf Einbürgerung – wenn sie die Voraussetzungen erfüllen: Zum einen müssen sie ihren Unterhalt selbst bestreiten können, dürfen also nicht auf Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld angewiesen sein. Zum anderen darf nicht Deutscher werden, wer eine Vorstrafe im polizeilichen Führungszeugnis hat.

Lebt zumindest ein Elternteil seit acht Jahren rechtmäßig in der Bundesrepublik, erwirbt ein hier geborenes Kind automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Hat es allerdings noch den Pass eines anderen Staates, muss es sich bei Volljährigkeit für eine Nationalität entscheiden.

Wer Deutscher werden will, muss über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen und sich zum Grundgesetz bekennen. Hamburg und Schleswig-Holstein sagen zwar, sie wollen auf einen schriftlichen Sprachtest verzichten. Statt dessen aber müssen MigrantInnen den MitarbeiterInnen der Ausländerbehörde einen deutschen Zeitungsartikel vorlesen und zusammenfassen können.

Im Laufe der kommenden Monate könnte sich die Lage für binationale und ausländische Eheleute, die sich trennen und trotzdem in der Bundesrepublik bleiben wollen, etwas entschärfen. Vorige Woche präsentierte Rot-Grün einen Gesetzentwurf, der den Zwang, in einer Ehe auszuharren, von vier auf zwei Jahre verkürzt. Verändern will die Regierungskoalition auch eine Formulierung im Härtefall-Paragraphen: Bis jetzt führte nur eine „außergewöhnliche“ Härte dazu, dass die ausländische EhepartnerIn bei Trennung sofort ein eigenständiges Bleiberecht bekam – wenn etwa der schwangeren Frau bei Abschiebung die Zwangsabtreibung droht oder sie wiederholt von ihrem Mann krankenhausreif geprügelt wurde. Das neue Gesetz, sollte es verabschiedet werden, sieht keine „außergewöhnliche“,sondern eine „besondere“ Härte vor.

Seit November in Kraft ist die neue Altfallregelung für Flüchtlinge. Familien, die vor Juli 1993 eingereist sind, und Alleinstehende, die schon seit 1990 im Bundesgebiet leben, können ein Bleiberecht beantragen – wenn sie nicht von Sozialhilfe leben und sich stets legal hier aufgehalten haben. Wichtig: Man muss einen Antrag stellen, und zwar bald. Bis Ende 2000 müssen nämlich alle Verfahren abgeschlossen sein, und es kann Monate dauern, bis man alle erforderlichen Papiere bekommt.

Außerhalb des Ausländerrechts sind es nur vereinzelte Regelungen, die sich zum Jahreswechsel ändern. So entfällt der Zulassungszwang für Rechtsanwälte: Wer etwa in München einen Prozess führen muss, kann seine Hamburger Anwältin des Vertrauens zur Verhandlung schicken. Bisher ging das in Zivilstreitigkeiten nicht, da musste extra ein Jurist in der Stadt beauftragt werden, in der das Verfahren läuft. Von der Neuregelung profitieren werden vor allem Firmen, die gegen ihre Geschäftspartner beziehnungsweise Gegner bundesweit prozessieren.

In Familienangelegenheiten wird ab Januar das sogenannte „kleine Sorgerecht“ für Stiefeltern eingeführt. Bringt jemand ein Kind in eine Ehe mit, kann der neue Ehepartner oder die Partnerin das Sorgerecht für den Sprössling beantragen. Außerdem gibt es ab Januar mehr Kindergeld, 20 Mark pro Monat für das erste und das zweite Kind. Nach zähem Ringen stimmte der Vermittlungsausschuss vorges-tern zu, dass auch SozialhilfeempfängerInnen 20 Mark mehr bekommen. Bleibt abzuwarten, ob der Bundesrat mitspielt.

Abzuwarten bleibt auch die Reform des Mietrechts, an der noch gebastelt wird. Vorgezogen wird aber unter Umständen die Regelung über die sogenannte „Kappungsgrenze“. Bisher kann ein Vermieter alle drei Jahre die Miete um 30 Prozent erhöhen. Der Höchstsatz könnte auf 20 Prozent abgesenkt werden. Und, speziell für Hamburg: Vielleicht können die Beschäftigten in Fixerstuben bald legal dort arbeiten. Im Frühjahr wird der Bundesrat über eine entsprechende Änderung des Betäubungsmittelgesetzes entscheiden.