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„Ich wünsche mir eine mächtige Kampagne“

Mit einem Zukunftsrat aus Prominenten will der grüne Abgeordnete Winfried Hermann nicht nur die Umweltpolitik voranbringen, sondern auch soziale und wirtschaftliche Lösungen suchen

taz: Der Bundestag will im Januar mit den Stimmen aller Fraktionen einen „Rat für nachhaltige Entwicklung“ auf den Weg bringen. Wozu ist das gut?

Winfried Hermann: Der Rat soll eine öffentliche Diskussion über eine nachhaltige Entwicklung herstellen und den Bundestag sowie die Bundesregierung beraten. Die Bundesregierung hat sich festgelegt, bis 2001 eine Nachhaltigkeitsstrategie aufzustellen.

Was genau bedeutet Nachhaltigkeit?

Nachhaltigkeit ist ein Leitbild für eine ökologisch verträgliche Entwicklung, die sozial ausgewogen, ökonomisch machbar und gerecht ist. Eine Entwicklung ist nur dann nachhaltig, wenn sie die Entfaltung künftiger Generationen nicht behindert.

Ist „Nachhaltigkeit“ bloß ein neues Wort für „Umweltschutz“?

Nein, es ist komplizierter. Zum ersten Mal muss sich die Umweltpolitik von Anfang an Gedanken darüber machen, dass ihr Anliegen auch sozial verträglich und wirtschaftlich verkraftbar sein wird.

Was heißt das konkret?

Nehmen wir das Anliegen, den Verkehr umweltfreundlicher zu machen. Dieses Ziel könnte man zunächst mit dem Aspekt Gesundheit verbinden und deshalb durch eine Kampagne das Radfahren fördern. Dann könnte man im Verbund mit verschiedenen Unternehmen vom Fahrradladen über das Reisebüro bis zur Bahn neue Dienstleistungen entwickeln, die Mobilität und Arbeitsplätze fördern. So kommen alle Aspekte zusammen. Der Nachhaltigkeitsrat aber nicht nur diskutieren, sondern ab 2001 einige solche Modellprojekte anstoßen und begleiten.

„Nationaler Nachhaltigkeitsrat“ klingt nicht sehr eingängig.

Ich selber würde ihn auch lieber Zukunftsrat nennen.

Wer sitzt denn da drin.

Der Rat soll aus etwa 15 wichtigen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zusammengesetzt werden. Die Namen stehen noch nicht fest. Sicher ist nur, dass es unabhängige Personen sein werden. Sie sollen alle gesellschaftlichen Bereiche wie Industrie, Kirche, Jugend oder Umweltschutz repräsentieren. Es könnten auch Werbefachleute oder Sportler dabei sein: Es soll kein Rat der Spezialisten und Weisen werden.

Sozusagen die Popstars des Beratungswesens?

Ja. So ein sperriges Konstrukt wie eine Nachhaltigkeitsstrategie braucht schließlich neue Ideen – und populäre Personen, die das transportieren können.

Welche Personen würden auf keinen Fall darin sitzen?

Reine Lobbyisten, die eher durch Borniertheit geglänzt haben. Etwa so jemand wie Olaf Henkel.

Wenn alle gesellschaftlichen Gruppen dabei sind, wird dann nicht alles zerredet – wie im Bündnis für Arbeit oder in den Atomverhandlungen?

Das sind ja klassische Gespräche zwischen zwei gegeneinander stehenden Interessengruppen. Wir werden ein Vielfalt von Sichtweisen haben, weshalb es unterschiedliche Allianzen geben wird.

Nun gibt es ja schon versierte Räte, wie den Umweltrat, die aber öffentlich kaum wahrgenommen werden. Wieso soll das diesmal anders sein?

Der Rat soll einen ordentlichen Etat für eigene Öffentlichkeitsarbeit bekommen. Und ich erwarte, dass die Bundesregierung parallel dazu eine Werbekampagne für nachhaltige Entwicklung startet. Ich wünsche mir eine mächtige Kampagne – mindestens so auffällig wie „Keine Macht den Drogen“ oder die Aids-Aufklärung.

Interview: Matthias Urbach

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