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Vereint im Kampf für die Restrente

Erster Rentengipfel: Neues Rentengesetz möglicherweise schon 2001. Stoiber verspricht: Rente wird nicht mehr als Wahlkampfthema benutzt ■ Von Barbara Dribbusch

Berlin (taz) – Das Thema Rente wird jetzt von den großen Parteien gemeinsam angegangen: Bei ihrem ersten Rentengipfel verständigten sich die Spitzen von SPD, Grünen, CDU/CSU und FDP gestern in Berlin auf die Einsetzung einer Arbeitsgruppe und einen Zeitplan für eine gemeinsame Erneuerung der Altersvorsorge. Danach könnte ein neues Rentengesetz bereits Anfang 2001 verabschiedet werden, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder nach dem eineinhalbstündigen Gespräch.

In der Diskussion werde es keine Tabus geben, versprach der SPD-Vorsitzende. Alle Fragen der strukturellen Veränderung des Rentensystems müssten besprochen werden. Am Ende müsse ein Reformprogramm stehen, das „weit in das nächste Jahrtausend“ trage. Nach Angaben Schröders soll die Arbeitsgruppe bereits in der zweiten Januarwoche zur ersten Sitzung zusammenkommen. Die vorgesehene Einigung innerhalb eines Jahres nannte er ein ehrgeiziges, aber durchaus realisierbares Ziel.

CSU-Chef Edmund Stoiber nannte vor der Sitzung die Teilnahme der Union „ein bedeutendes Signal“, dass die Opposition die Rente aus dem politischen Streit heraushalten wolle. Die so genannte „Rente mit 60“ wird von der Union abgelehnt.

Sozialminister Walter Riester (SPD) hat seine Reformwünsche in die Diskussion eingebracht. Er möchte eine zusätzliche kapitalgedeckte Altersvorsorge aufbauen. Das private Sparen fürs Alter soll mit Sparprämien staatlich gefördert werden. Die Vorsorge soll freiwillig sein. Selbst Oppositionspolitiker wie der ehemalige Gesundheitsminister Horst Seehofer äußerten aber bereits Zweifel, ob eine freiwillige Vorsorge ausreiche und man das Ansparen nicht obligatorisch machen müsse. Die SPD möchte sich mit der CDU auch über eine Reform der Hinterbliebenenversorgung einigen. Nach Plänen aus dem Hause Riester würden beispielsweise künftig kinderlose Witwen mit hohem Vermögen weniger Hinterbliebenenrente bekommen als bisher. Riester will zudem die Frage der Erwerbsunfähigkeitsrenten klären. Der Sozialminister möchte auch eine Grundsicherung einführen, nach der Minirentner künftig einen Aufstockungsbetrag nicht mehr vom Sozialamt, sondern über eine andere Behörde bekämen. Kinder von armen RentnerInnen würden danach nicht mehr zum Unterhalt herangezogen.

Um eine neue Rentenformel soll es in den Spitzengesprächen erst mal nicht gehen, wurde im Vorfeld erklärt. Nach Riesters Plänen wird die Rente zwei Jahre lang an die Inflationsrate angepasst: Dadurch sackt das Rentenniveau um rund vier Prozent ab. Doch was danach kommt, ist noch ungewiss.

Der Rentenexperte Meinhard Miegel, Leiter des Bonner Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft, geht davon aus, dass das Rentenniveau bis zum Jahre 2030 noch weiter sinken wird – nämlich um rund 14 Prozent.

Dabei müsste dann ein Demografiefaktor in die Rentenformel eingebaut werden, der das Rentenniveau von Jahr zu Jahr allmählich nach unten drückt. Die Folge: Im Gegensatz zu heute müssten in weiterer Zukunft viel mehr Ältere zum Sozialamt gehen.

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