: Mehr Leute wussten von CDU-Spenden
Bundeskanzler Schröder erachtet Diskussion um Beugehaft für Kohl als überflüssig. Kohl-Intimus widerspricht seinem Chef
Berlin (taz/AFP) – Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hält die von SPD-Abgeordneten angestoßene Diskussion über eine Beugehaft für seinen Vorgänger Helmut Kohl in der CDU-Spendenaffäre für überflüssig. Er gehe davon aus, dass Kohl um seine staatsbürgerlichen Pflichten wisse und diese auch erfüllen werde, sagte Schröder gestern vor Journalisten in Berlin.
Am Sonntag hatte der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zur Spendenaffäre, der SPD-Abgeordnete Volker Neumann, angedroht, Kohl mit allen rechtlichen Mitteln bis hin zur Beugehaft zur Preisgabe der Namen anonymer Spender an die CDU zu zwingen.
Kohl hatte bislang in Interviews gesagt, er werde die Geldgeber von insgesamt mehr als 1,5 Millionen Mark nicht nennen, die über mehrere Jahre hinweg an der offiziellen CDU-Kasse vorbeigeschleust worden waren.
Unterdessen hat auch der längjährige Kohl-Intimus und im Zusammenhang mit der Spendenaffäre von Parteichef Wolfgang Schäuble gefeuerte Verwaltungschef des Konrad-Adenauer-Hauses, Hans Terlinden, seinem ehemaligen Chef Kohl widersprochen. Im Gegensatz zu Kohls Darstellung am Donnerstagabend im ZDF, die von ihm gesammelten Spenden seien über „den zuständigen Mitarbeiter“ im Adenauerhaus an die Schatzmeisterei geflossen, sagte Terlinden im Tagesspiegel: „Das Geld ging von mir in solchen Fällen nicht direkt in die Schatzmeisterei, sondern an Herrn Weyrauch.“
Weyrauch war jahrelang der Finanzberater der CDU, bis die Zusammenarbeit im Zusammenhang mit der Spendenaffäre aufgelöst worden ist. Weyrauch hatte 1991 die Spende entgegengenommen, die der Waffenhändler Karlheinz Schreiber in einem Metallköfferchen übergeben hatte.
Laut Terlinden waren in der CDU-Zentrale auch mehr Leute mit illegalen Spenden beschäftigt, als dies bisher vermittelt wird: „Ich muss mich doch sehr wundern darüber, welche Namen jetzt alle in der Öffentlichkeit nicht genannt werden“, sagte er.
Die Staatsanwaltschaft Augsburg dementierte unterdessen gegenüber der taz Meldungen vom Wochenende, wonach sie im Zusammenhang mit dem Verkauf der ostdeutschen Leuna-Raffinerie an den französischen Mineralölkonzern Elf Aquitaine Ermittlungen aufgenommen habe. Der zuständige Staatsanwalt Nemetz sagte gegenüber der taz: „Wir ermitteln nicht im Leuna-Komplex als solchem, sondern wir haben es mit einem Randbereich zu tun.“ Man hätte auch „erst einen Anfangsverdacht gegen eine bestimmte Person.“ Diese Person sei aber nicht Helmut Kohl.
Äußerungen, Helmut Kohl in Beugehaft nehmen zu lassen, sofern er nicht die Namen der Spender preisgebe, nahm Kohls Anwalt Stephan Holthoff-Pförtner gelassen. Letztlich sei entscheidend, in welcher Situation Kohl als Zeuge vor dem Untersuchungsausschuss aussagen werde.
Karin Nink, Klaus Wittmann
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