Cash & Crash: Rendite auf die islamische Art
Hamburg (taz) – Das Zinsverbot ist längst aus den christlichen Kirchen verschwunden. Nur der Islam hält als letzte große Konfession noch daran fest. Das heißt jedoch nicht, dass Profit, Spekulationsgewinne oder gar Banken verboten wären. Geldgeschäfte, deren Rendite risikoreich ist, sind grundsätzlich erlaubt. Und anstatt einen Kredit an eine Firma zu vergeben und an den Zinsen zu verdienen, darf eine profitable stille Beteiligung an der Firma erworben werden. Auch darf gewinnträchtig gewirtschaftet werden, und die Spekulation mit Aktien ist ebenso beliebt. So hat sich in den muslimischen Staaten trotz Zinsverbot eine Bankszene entwickelt, die mehr oder weniger europäisch geprägt ist – und es mit religiösen Tabus nicht so genau nimmt.
Lediglich in Pakistan, Iran und dem Sudan wurde versucht, ein konsequent zinsloses Geldgewerbe zu praktizieren. Islamische Einsprengsel finden sich aber auch anderweitig: So bieten einige große amerikanische und britische Kreditinstitute weltweit seit langem spezielle Produkte an, die auf die islamischen Regeln zugeschnitten sind, so die Londoner Fleming Investment Management Ltd. (www.flemings.uk).
Seit den Sechzigern wurden zudem rund hundert islamische Banken gegründet, unter anderem in Dänemark, der Schweiz und England. Trotzdem zählen die islamischen Institute mit ihrem Geschäftsvolumen von zusammen rund 100 Milliarden Mark selbst im Nahen Osten nicht zu den Finanzgrößen – allein die Bilanzsumme der Deutsche Bank beträgt 1,7 Billionen Mark. In Deutschland lebenden Muslimen bleibt bislang nur der Weg ins Ausland, wenn sie ihr Geld nach ihren ethischen Kriterien anlegen wollen. Abhilfe verspricht nun die Commerzbank (www.commerzbank.de). Im Januar wird der „AlSukoor European Equity Fund“ auf den Markt geworfen. Der Investmentfonds investiert in europäische Aktien, deren Auswahl von fünf arabischen Experten ethisch überprüft wird. Kursgewinne von Aktien fallen nicht unter das Zinsverbot. Verpönt sind Anlagen in Firmen, die Schnaps oder Tabak verarbeiten, Panzer bauen oder Banken.
„Dieser Fonds ist der einzige seiner Art, der von einer großen europäischen Bank angeboten wird“, sagt Fondsmanager Gerhard Wiesheu stolz. Das ist zwar angesichts der britischen Vorgänger etwas übertrieben, aber in Deutschland betritt die Commerzbank tatsächlich Neuland. Zunächst soll der Fonds jedoch im arabischen Raum verkauft werden, erst später hierzulande. Hauptzielgruppen seien die 2,1 Millionen Türken in Deutschland. Die islamischen Fonds gehören laut Commerzbank zu den „am schnellsten wachsenden Märkten“.
Koran und Sunna, die Auslegung durch den Propheten, schreiben vielfältiger und bindender als die Bibel konkretes wirtschaftliches Verhalten vor: Unternehmen sollen „gerechte“ Löhne zahlen, dürfen nur „akzeptable“ Preise verlangen und sich mit „normalen“ Gewinnen zufriedengeben. Die Verbraucher sollen auf schädliche Produkte wie Alkohol verzichten, die Umwelt schonen und den Luxus meiden.
„Wir sind für eine Marktwirtschaft – aber mit moralischem Filter“, schreibt Muhammad Umer Chapra in seinem Buch „Islam und die wirtschaftliche Herausforderung“, das Kritiker für ein Manifest der modernen islamischen Ökonomie halten. Chapra führt zwei Argumente für das Zinsverbot an: Kapital werde bei direkter Beteiligung statt Kredit und damit geteiltem Risiko effizienter angelegt, da alle Beteiligten ein Projekt dann intensiver bewerteten. Zweitens seien Zinsen sozial ungerecht, denn je ärmer ein Kunde sei, desto teurer komme ihn der Kredit. Hermannus Pfeiffer
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