: Der Weg ist das Ergebnis
■ Koalitionsstreit um verschärfte Abschiebepolitik
Da ist er selbst seiner eigenen Fraktion zu weit vorgeprescht. Als die Ausländerbehörde Ende April in einem internen Papier neue Tricks zur Abschiebung eigentlich reiseunfähiger AusländerInnen entwarf, hatte Innensenator Hartmuth Wrocklage noch den Segen seiner SPD. Den verlor er, als er entgegen seiner Zusage im Juni begann, die vorgeschlagenen Maßnahmen in die Tat umzusetzen – und schwerkranke Flüchtlinge trotz ärztlicher Atteste abschieben ließ.
Parallel stellte die Innenbehörde ÄrztInnen ein, die Flüchtlinge auf dem Flug begleiten sollen, damit sie unbeschadet im Herkunftsland abgeliefert werden können. Das führte erst zu einer Resolution des Deutschen Ärztetages, die diese Praxis verurteilte. Dann begann auch der Koalitionspartner GAL zu murren, und als sich sogar innerhalb der SPD Widerstand gegen Wrocklages rigorose Abschiebepolitik regte, kam es zum lautstarken Krach. In einer nächtlichen Marathonsitzung zwischen den Fraktionsspitzen und Wrocklage verständigte man sich Anfang Juli schliesslich auf ein Papier, das festschreibt, unter welchen Bedingungen auch kranke Flüchtlinge abgeschoben und Familien auseinandergerissen werden können.
Geändert hat sich seither nicht das Ergebnis, nur der Weg: Weiterhin zweifelt die Ausländerbehörde die Gutachten niedergelassener MedizinerInnen an und schickt kurz vor Abflug AmtsärztInnen auf den Flughafen, die ein eigenes Urteil über die Reisefähigkeit der Flüchtlinge abgeben. Und grundsätzlich sollen zwar Eltern und Kinder nicht auseinandergerissen werden. Aber Ausnahmen dürfen gemacht werden, und die Möglichkeit macht sich die Ausländerbehörde eifrig zunutze. ee
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