„Wir wollen einen Rechtsstaat“

Gespräch mit dem Hoffnungsträger der kroatischen Sozialdemokraten (SDP), Sime Lucin

taz: Kroatien steht mit den beiden Wahlen vor einem politischen Wechsel. Was würden Sie in der Regierung besser machen?

Sime Lucin: Wir wollen wir nach all den Korruptionsskandalen wieder das Vertrauen in die Politik zurückgewinnen. Es geht nicht darum, Macht zu zeigen, sondern darum, die Ärmel hochzukrempeln. Schon allein durch die Umorganisierung der bisherigen Verwaltung können wir 20 Prozent der Ausgaben einsparen. Wir wollen das Steuersystem neu ordnen, die Medien demokratisieren und den Rechtsstaat ausbauen. Wir wollen die totalitären Denkweisen zurückdrängen. Eine Regierung unter der Führung der SDP wird nicht nur Parteimitglieder einschließen, sondern eine ganze Reihe von unabhängigen Experten.

Und wie steht es mit dem nicht allzu guten Image Kroatiens ?

Es geht nicht um unser Image, sondern um uns selbst, die kroatische Gesellschaft. Wir brauchen den Rechtsstaat, die Rechtssicherheit für alle Bürger. Der Staat darf nicht zum Spielball interessierter Personen verkommen, die lediglich persönlichen Profit aus ihren Beziehungen herausschlagen wollen.

Die bisherige regierende Partei führt den Staat in der alten kommunistischen Mentalität. Sie versucht, alle gesellschaftlichen Institutionen zu beherrschen. Der Staat muss aber endlich Impulse für die Entwicklung der Wirtschaft und Gesellschaft geben. Das fängt an bei der Dezentralisierung. Bisher muss die Zentrale alle wichtigen Entscheidungen der Kommunen bestätigen. Es fehlt der Spielraum für Eigenverantwortung und Initiativen von unten. Wir brauchen eine echte Privatisierung der Wirtschaft und nicht die Verschleuderung des Volkseigentums an Privatpersonen. Bisher wurden 10 Milliarden Mark von diesen Leuten ins Ausland gebracht.

Welche Rolle weisen Sie Kroatien in der Konfliktregion Balkan in Zukunft zu?

Wir müssen zunächst unser Land in Ordnung bringen. Dieser Prozess wird jedoch auch andere beinflussen, sowohl in der EU als auch in den Nachbarländern. Ich kann mir vorstellen, dass sich manche der politischen Konflikte in Bosnien-Herzegowina in Zukunft lösen lassen. Kroatien wird als unabhängiger und demokratischer Staat für viele Seiten interessant sein.

Interview:Erich Rathfelder