: Wurst-Maxe auf dem Polizeirevier
Dieser Polizeieinsatz wurde ihnen präsentiert von: Red Bull!“ Was heute noch übertrieben klingt, könnte in der Hauptstadt bald Wirklichkeit werden ■ Von Andreas Spannbauer
Achtung, Achtung, hier spricht die Polizei. Verlassen Sie sofort den Versammlungsort. Der nachfolgende Wasserwerfereinsatz wird Ihnen sonst präsentiert von: Krombacher!“ Sehen so in Zukunft die Einsätze der Berliner Polizei bei Demonstrationen im notorischen Unruheviertel Berlin-Kreuzberg aus? Möglich. Als ob die jährlich 121 Millionen Mark an Bußgeldeinnahmen nicht ausreichen würden, denkt die Deutsche Polizeigewerkschaft im Deutschen Beamtenbund (DPolG) über neue Finanzierungsmöglichkeiten für die Ordnungshüter nach. Schließlich beschwert sich die Polizeiführung der Hauptstadt seit jeher über Personalknappheit und chronische Unterfinanzierung.
Damit die Strafverfolger auch morgen noch kraftvoll zugreifen können, schlägt die Polizeigewerkschaft die Einrichtung von so genannten Sicherheitspartnerschaften vor. „Seriöse Unternehmen sollen dabei die Möglichkeit erhalten, mit dem guten Namen der Polizei Werbung zu betreiben“, beschreibt Rolf Taßler, der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, die neue Strategie zur Haushaltskonsolidierung.
Schon seit langem werben Automobilhersteller wie BMW oder Opel damit, dass ihre Unternehmen die Einsatzfahrzeuge der Polizei stellen. Von nun an will die DPolG da nicht länger mit leeren Händen dastehen, sondern mit diesem PR-Konzept den behördlichen Klingelbeutel auffüllen. „Das heißt aber nicht, dass die Polizeibeamten künftig mit Coca-Cola-Buttons auf der Stirn rumlaufen“, verspricht Taßler. Auch ein Kontrakt mit dem Hundefutterhersteller Chappi im Zusammenhang mit dem Einsatz von Spürhunden ist bisher nicht vorgesehen. Denkbar wären laut Taßler aber Slogans wie: „Die Polizei braucht beste Verbindungen – deshalb: Bosch-Funkgeräte!“
Bedenken, die Polizei könne durch einen solchen Werbefeldzug ihre Neutralitätspflicht verletzen, halten die Befürworter dieser Einnahmequelle für übertrieben. „Diejenigen, die mit der Polizei ohnehin nichts zu tun haben wollen, werden das natürlich so sehen“, meint Taßler und erinnert sich zurück an die Zeit der Hausbesetzungen, als der Polizei noch der Schutz der Kapitalisten vorgeworfen worden sei. „Natürlich wird die Polizei wie bisher nur ihre Hoheitsaufgaben erfüllen.“
Doch damit dies weiter möglich sei, sei man gezwungen, beispielsweise in den Meldestellen statt „dreckigen kahlen Wänden auch einmal Werbeplakate von Wurst-Maxe oder Reifen-Müller“ zuzulassen. Denn das Finanzdefizit der Polizei geht in die Millionen: „Es fehlt an allem, an Fahrzeugen, Personal, Technik.“ Polizeipräsident Hagen Saberschinsky macht sich neuerdings dafür stark, dass private Großveranstalter wie der Bundesligist Hertha BSC zukünftig selbst für Polizeieinsätze bezahlen müssen. „Wenn mein Fernsehgerät kaputt ist und ich dem Handwerker nichts bezahlen will, kommt er auch nicht“, mahnt auch Taßler. Bei Hertha überlegt man bereits, wer das alles bezahlen soll, ohne den Geldbeutel der Fans in Mitleidenschaft zu ziehen.
Doch die Verantwortlichen zögern. Auf der Konferenz der Innenminister wurde der Reklamevorstoß aus Sorge um die Neutralität der Sicherheitsbehörden schon einmal abwegig beschieden. Der Polizeipräsident will sich zu den Plänen der Gewerkschaft nicht äußern, obwohl ein entsprechender Antrag vor knapp einem Jahr eingereicht worden sein soll. Sollte das Finanzierungskonzept der Polizeigewerkschaft trotz aller Bedenken durchkommen, wird sich die Polizei jedenfalls nicht länger dem Vorwurf der Untätigkeit aussetzen. Wenn sie zu spät amTatort erscheint, heißt es dann: „Sorry, Schleich-Werbung“.
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