: Parlamentsabgeordnete als Zwangssponsoren
Alle Parteien verlangen ihren Abgeordneten Spenden ab. Doch nur CDUler zahlen an die Fraktion
Berlin (dpa/taz) – Abgeordnete aller Bundestagsfraktionen finanzieren mehr oder weniger freiwillig ihre Parteien mit stattlichen Beiträgen. Auch auf Länder- und Gemeindeebene ist diese Praxis üblich. Auf fast 70 Millionen Mark beläuft sich nach Berechnungen des Staatsrechtlers Hans Herbert von Arnim die Summe, die Abgeordnete in Bund, Ländern und Kommunen jährlich an Sonderbeiträgen – also zusätzlich zu ihren Mitgliedsbeiträgen – an ihre Parteien bezahlen.
Anders als in der CDU-Affäre sei es jedoch üblich, dass die Abgeordneten die Gelder direkt an die Partei überweisen und nicht der Fraktion zur Verfügung stellten, so Arnim.
Am kräftigsten bitten die Grünen ihre Bundestagsabgeordneten zur Kasse: Bis zu 2.931 Mark müssen sie monatlich an die Partei zahlen. Ein Teil fließt als Sonderbeitrag in die Parteikasse, der Rest in einen Öko- und einen internationalen Solidaritätsfonds. 250 Mark Sonderbeitrag im Monat führen SPD-Abgeordnete an die Bundespartei ab. Hinzu kommen Zahlungen an Landes- und Bezirksverbände sowie Ortsvereine – zusammengenommen 1.500 bis 3.000 Mark. Einzig die CDU verlangt ihren Parlamentariern einen Beitrag für die Fraktionskasse ab; monatlich werden 50 Mark abgebucht. Zusätzlich gehen hohe Abgaben an die Parteiverbände: im Monat bis zu 1.000 Mark. 920 Mark überweisen CSU-Bundestagsabgeordnete an die Münchener Parteizentrale.
Auf die „freiwillige“ Spende ihrer Abgeordneten setzt die FDP: 500 Mark je Mandatsträger kommen so monatlich zusammen. „Freiwillige Selbstverpflichtung“ nennt die PDS eine Regelung, nach der sie von jedem ihrer Bundestagsabgeordneten monatlich 1.700 Mark abzüglich 100 Mark pro unterhaltspflichtigem Kind erhält. „Wer wieder aufgestellt werden möchte, achtet darauf, nicht darunter zu bleiben“, so die stellvertretende Fraktionssprecherin Roswitha Steinbrenner.
Für „verfassungswidrig“ hält von Arnim diese Praxis der erzwungenen und „freiwilligen“ Beiträge. „Die Sonderbeiträge werden den Abgeordneten unter Ausnutzung ihrer Abhängigkeit von den Parteien abgepresst.“Markus Wierz
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen