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Hechelnd dem Verkehr hinterher

25 Jahre Elbtunnel – und das Problem ist noch immer das gleiche: Hamburg kann gar nicht so schnell Straßen bauen, wie dem Verkehr erlaubt wird zu wachsen  ■ Von Gernot Knödler

Hamburg im Zentrum nordeuropäischer Verkehrsströme: Vor anderthalb Jahren wurde die Brücke über den Großen Belt freigegeben (Foto oben und Nr. 1 auf der Skizze unten). Am 1. Juli soll die Verbindung über den Öresund zwischen Malmö und Kopenhagen fertig sein (2). In der Folge wird bereits eine Querung des Fehmarnbelts zwischen Rödby und Puttgarden geplant (3). Um Elbtunnel und Elbbrücken in Hamburg (4) von dem zu erwartenden Ansturm zu entlasten, sieht der Bundesverkehrswegeplan eine Verlängerung der Ostseeautobahn A20 vor. Sie würde von Lübeck aus nordwestlich um Hamburg herumführen und bei Glückstadt die Elbe kreuzen (5).

Eugen Wagner mag seinen Job. Man kann es kaum glauben. Denn der SPD-Verkehrssenator steht vor einer Aufgabe, an der er nur scheitern kann: Während er von der Handelskammer und der Autofahrer-Lobby dazu geprügelt wird, die Straßen so auszubauen, dass der heutige Verkehr fließen kann, sorgen Politiker an anderer Stelle dafür, dass sich immer mehr Autos und Lastwagen durch die Stadt zwängen. So können die Straßenbauer bloß mit hängender Zunge den ständig wachsenden Verkehrsströmen hinterherhecheln.

Der Hamburger Elbtunnel ist hierfür ein schönes Beispiel: 25 Jahre nach seiner Eröffnung ist zwar die Innenstadt von einem Teil des Nord-Süd-Durchgangsverkehrs entlastet, das Grundproblem ist jedoch nicht gelöst. Statt an den Elbbrücken stauen sich Autos und Laster vor dem Tunnel. Und der erwartete Kapazitätszuwachs durch die vierte Röhre ist bereits heute ausgeschöpft.

Kein Wunder: Seit 1980 ist der Hamburger Straßenverkehr nach Zählungen der Baubehörde um ein Drittel gewachsen. Durch die drei vorhandenen Tunnelröhren fahren heute mit etwa 120.000 Autos pro Tag fast doppelt so viele wie ursprünglich geplant. Und der nächste Wachstumsschub ist absehbar: Nach dem Beitritt von Schweden und Finnland zur EU sowie der Assoziierung Polens und der baltischen Staaten droht eine neue Verkehrslawine aus dem boomenden Ostseeraum.

Dänemark und Schweden schaffen bereits erste Fakten: Vor eineinhalb Jahren ist die Brücke über den Großen Belt zwischen den dänischen Inseln Fünen und Seeland freigegeben worden. Bis zum 1. Juli diesen Jahres soll die Öresund-Verbindung zwischen der dänischen Hauptstadt Kopenhagen und dem schwedischen Malmö fertiggestellt sein. Von Stockholm bis Hamburg können dann die Brummis ungehindert durchrauschen.

Wenn die Brücke und der Tunnel im Öresund im kommenden Sommer fertiggebaut sind, wird sich der Autoverkehr zwischen Malmö und Kopenhagen vervielfachen. 1991, als der schwedische Reichstag dem Projekt zustimmte, setzten 6500 Wagen täglich per Fähren über den Sund. Für die Zeit unmittelbar nach Fertigstellung der Strassenverbindung wurden 12.000 Autos erwartet. Eine neue Prognose sagt nach Angaben der schwedischen Zeitung Dagens Nyheter für 2005 bereits 25.000 Wagen täglich voraus.

Was Autofahrer- und SpediteurInnen auf dem Weg in den Süden dann noch fehlt zum Glück, ist lediglich eine Asphaltpiste auf der Vogelfluglinie zwischen Rödby und Puttgarden. Sie wäre 160 Kilometer kürzer als die Straßenverbindung über den Großen Belt. Nach einer Studie, die das Kieler Verkehrsministerium im September veröffentlichte, kämen bei einer Beibehaltung der Fähren nur knapp 3,8 Millionen Menschen jährlich per PKW über den Fehmarnbelt, während es bei einer festen Straßenverbindung bis zu 5,8 Millionen wären.

Die per LKW transportierten Gütermengen lägen bei einer festen Querung des Fehmarnbelts um bis zu zehn Prozent höher als bei einer Fährverbindung. Der größte Teil des Güterzuwachses würde allerdings per Bahn transportiert, behaupten die Gutachter, da bei der festen Querung immer eine Bahnstrecke mitgedacht ist. Kiels parteiloser Verkehrsminister Horst Bülck spricht angesichts dieser Zahlen vom „wichtigsten internationalen Verkehrsprojekt für ganz Norddeutschland“.

Und weil ein großer Teil all dieser Autos und Laster auf Hamburg zurollen wird, stellen die Ostsee-Brücken den Sachzwang für das nächste Verkehrsprojekt her: die Verlängerung der Ostsee-Autobahn A20 ab Lübeck nordwestlich an Hamburg vorbei. Sie könnte den zunehmenden Verkehr von der Vogelfluglinie um Hamburg herum leiten, ohne den Elbtunnel in Anspruch nehmen zu müssen.

Die schleswig-holsteinische Landesregierung plädiert hierbei für eine Über- oder Unterquerung der Elbe bei Glückstadt – aus Sicht von Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) „strukturpolitisch die beste Variante“ für den Westen ihres Landes. Der Hamburger Senat macht sich dagegen für eine Elbquerung bei Wedel stark. Eugen Wagners Kalkül: Je näher die Umgehungsautobahn an Hamburg vorbeiführt, desto größer der Entlastungseffekt für die Stadt.

Während die A20 im Bundesverkehrswegeplan als „vordringlicher Bedarf“ ausgewiesen ist, hat die vom Verkehrssenator bevorzugte Ostumfahrung schlechtere Chancen auf Realisierung. Die Strecke, die bei Geesthacht die Elbe kreuzen würde, soll die Richtung Puttgarden führende A1 entlasten, firmiert im Bundesverkehrswegeplan aber bloß unter „weiterer Bedarf“. Doch spätestens wenn die ersten Staus im Elbtunnel bei Glückstadt auftreten, wird ein phantasieloser Verkehrsminister das Projekt auf der Prioritätenliste nach oben rücken.

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