Ein Wulff im Schafspelz

70 Neonazis marschieren durch Bergedorf. Zusammenstöße mit GegendemonstrantInnen bleiben aus  ■ Von Peter Müller und Andreas Speit

Finale am Bergedorfer Bahnhof: Provokativ nehmen die knapp 70 Neonazis nach ihrem Marsch durch Lohbrügge auf dem Vorplatz Aufstellung. Anführer Thomas „Steiner“ Wulff wettert gegen „kriminelle Antifas“ und die „Arbeiterverräter des Dee Gee Bees“. Plötzlich prasselt aus den Reihen der GegendemonstrantInnen ein Hagel von Obst, Flaschen und Dosen auf die Rechten nieder. Die funktionieren ihre Pappen mit Aufschrift „Hamburger Sturm“ zu Schutzschilden um. Wullf tadelt die Polizei, weil diese nicht einschreitet. Schließlich gehen die BeamtInnen mit Schlagstöcken gegen die ProtestlerInnen vor. Die Neonazis verlassen das Terrain und kündigen an: „Wir kommen wieder!“

Das war das Ende des Neonaziaufmarsches am Sonnabend in Hamburg-Bergedorf, dem dritten innerhalb von sieben Monaten. Die Aktion der Rechten richtete sich offiziell gegen die „Kumpanei“ der Polizei mit „antifaschistischen Banden“ und gegen das Kulturzentrum „Lola“, wo am 16. Dezember auf Einladung des DGB-Ortskartells die Veranstaltung „Neonazis in Bergedorf“ stattgefunden hatte. Dabei waren fünf Rechte, die die Diskussion stören wollten, von BesucherInnen verprügelt worden.

Im Gegensatz zu den vergangenen Gegenprotesten, die mit Verboten überzogen worden waren, liefen die Aktionen am Sonnabend eher ritualmäßig ab. Am Bergedorfer Bahnhof versammelten sich gegen Mittag rund 150 AntifaschistInnen. Nach kurzem Geplänkel ließ der Einsatzleiter der Polizei die Demo spontan passieren und wünschte noch „einen gemeinsamen schönen Aufzug.“ Gerangel gab es nur vereinzelt um die Route zur DGB-Kundgebung vor dem „Lola“. Dort hatten sich rund 300 Menschen eingefunden. ÖTV-Chef Wolfgang Rose, SPD-Bezirksamtsleiterin Christine Steinert und DGB-Ortskartellchef Dieter Born ermahnten zur Wachsamkeit. „Der braune Sumpf ist noch lange nicht trockengelegt,“ so Born.

Die Neonazis präsentierten sich diesmal volksnahe: Drei junge Frauen an der Spitze, die Schlägerkader am Ende. Dazwischen aber auch Plakate „Kampf dem linksfaschistischen Ungeziefer“ und Steckbriefe vom Bergedorfer Polizeichef Hans-Peter Moldt. Weil der sich angeblich „geweigert hat einzugreifen“, als die Rechten im Lola verprügelt wurden, hat der „Hamburger Sturm“ Strafantrag gestellt. In seiner populistischen Kundgebungsrede – in Sichtweite der DGB-Versammlung – versuchte Wulff, seine „Kameraden des Nationalen Widerstands“, von denen viele wegen Körperverletzung vorbestraft sind, als gute „Demokraten“ darzustellen, die im Lola nur hatten diskutieren wollen.

Die Polizeigewerkschaft wertete den Einsatz von 1000 BeamtInnen am Sonnabend als Erfolg: Diese hätten verhindert, „dass linke und rechte Gewalttäter aufeinander losgegangen“ seien. Festgenommen wurde niemand.