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Demoverbot nach Attentatsdrohung

■ Nach dem Veranstaltungsverbot sind Polizei und Innensenator gefordert, ein Sicherheitskonzept vorzulegen. Trotz Anschlagsdrohung und Verbot gedenken etwa 3.000 Menschen Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts

Die für gestern geplanten Gedankdemonstrationen zum Todestag von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht sind am Samstag von der Polizei kurzfristig verboten worden. Zuvor hatte der 39-jährige Olaf Staps schriftlich angekündigt, die Aufzüge mit Maschinenpistolen und Handgranaten anzugreifen.

Trotz des Verbots zogen gestern etwa 2.000 überwiegend junge Menschen durch Friedrichshain. An der weiträumig abgesperrten „Gedenkstätte der Sozialisten“ in Friedrichsfelde versuchten etwa 1.000 Leute vergeblich, an den Gräbern vom Luxemburg und Liebknecht Nelken niederzulegen.

Polizeipräsident Hagen Saberschinsky hatte das Verbot mit einem „nicht kalkulierbares Risiko für Leib und Leben von Teilnehmern“ begründet. Die PDS hatte zuvor abgelehnt, ihren Aufzug selbst abzusagen, allerdings auf eine mögliche Klage gegen das Verbot verzichtet. Sie will die traditionelle Veranstaltung, zu der sie wie im vergangenen Jahr 100.000 Teilnehmer erwartet hatte, am Samstag nachholen.

Polizei und Innensenator Eckart Werthebach (CDU) haben bis dahin viel zu tun. Zusammen mit der PDS und den Anmeldern einer Antifa-Demonstration müssen sie ein Sicherheitskonzept erarbeiten, um trotz Anschlagsdrohungen die Veranstaltungen zu gewährleisten. Olaf Staps ist bereits seit Ende September untergetaucht. Die Polizei hat nach eigenen Angaben bisher keine Spur von ihm.

Klaus-Uwe Benneter (SPD) zeigte sich gestern irritiert, dass „ein so gefährlicher Mann nach über drei Monaten noch nicht dingfest gemacht ist“. Offenbar habe die Polizei Staps unterschätzt. Anderenfalls, so Benneter, „ergäbe sich der Verdacht, dass eine politisch missliebige Demonstration verhindert werden sollte“. Die Polizei müsse nächste Woche beweisen, dass sie für ausreichenden Schutz sorgen könne.

Auch PDS-Sprecher Axel Hildebrandt sieht die Polizei in der Pflicht: Werthebach habe der PDS-Landesvorsitzenden Petra Pau bereits zugesagt, dass die Veranstaltung nachgeholt werden könne.

Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Wolfgang Wieland, nannte das Verbot „ungewöhnlich“.

Nach den Erfahrungen mit Amokläufern in den vergangenen Wochen, so Wieland, sei es aber richtig gewesen, die Angelegenheit ernst zunehmen. Als Präzedenzfall wertet Wieland die Entscheidung nicht: „Dieser Fall ist nicht vergleichbar mit anonymen Drohungen gegen andere Großveranstaltungen.“

Die Innenverwaltung wollte sich gestern nicht zu Auswirkungen des Verbotes auf künftige Großveranstaltungen nicht äußern. Dirk Hempel

Bericht und Interview Seite 21

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