: USA weiter für Kinder im Militär
Mit schlechten Aussichten gehen die UNO-Verhandlungen über das Verbot von minderjährigen Soldaten in die letzte Runde ■ Aus Genf Andreas Zumach
Heute beginnt in Genf die letzte Runde der seit 1994 laufenden UNO-Verhandlungen über ein Verbot von Kindersoldaten – und Optimismus ist fehl am Platz. Zwar strebt die große Mehrheit der Unterzeichnerstaaten der UNO-Kinderrechtskonvention ein Zusatzprotokoll an, mit dem für die Rekrutierung zum Militär und die Teilnahme an bewaffneten Konflikten das Mindestalter von 18 Jahren festgelegt wird.
Doch größtes Hindernis für eine entsprechende Vereinbarung bei den bis zum 21. Januar anberaumten Verhandlungen sind – neben einer Reihe kleinerer Staaten – die USA. Die Clinton-Regierung will es bei dem bislang international gültigen Mindestalter von 15 Jahren belassen. Jedes Land könne individuell ein Mindestalter festlegen, heißt es in einem Washingtoner Positionspapier. Humans Rights Watch und andere Menschenrechtsorganisationen forderten die USA auf, ihre „ völlig unverständliche Blockadehaltung“ endlich aufzugeben.
In den USA können bereits 17-Jährige – mit Erlaubnis der Eltern – den Militärdienst beginnen. Die Zahl der 17-Jährigen unter den über 1,2 Millionen aktiven Mitgliedern der US-Streitkräfte liegt derzeit bei weniger als 3.000. Die Haltung der Clinton-Regierung ist umso unverständlicher, als diese Position auch in der US-Bevölkerung alles andere als populär ist. Bei einer im Auftrag des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) durchgeführten Umfrage votierten im letzten Jahr 93 Prozent der befragten US-AmerikanerInnen für ein Mindestalter von 18 Jahren. Weltweit sprachen sich bei der Umfrage 88 Prozent aller Befragten für die Altersgrenze 18 aus. 300.000 Kinder unter 18 Jahren sind laut IKRK derzeit an bewaffneten Auseinandersetzungen beteiligt.
Eine Änderung der US-Haltung in den nächsten zwei Wochen gilt auch deshalb als unwahrscheinlich, weil es unter Washingtons Nato-Partnern und anderen westlichen Staaten keine vollständig einheitliche Haltung gibt – und daher auch keinen nennenswerten gemeinsamen Druck auf Washington. Eine Mehrheit der Nato-Staaten – gemeinsam mit den nicht zur Allianz gehörenden skandinavischen Staaten und der Schweiz – fordert zwar das Mindestalter von 18 Jahren sowohl für Rekrutierung von Soldaten wie für die Teilnahme an bewaffneten Auseinandersetzungen. Doch Länder wie Großbritannien, Deutschland und Österreich , die in der Vergangenheit 16- und 17-Jährige in die Streitkräfte übernommen (und im Falle Großbritanniens auch im Krieg eingesetzt) haben, wollen auf diese Möglichkeiten auch künftig nicht verzichten.
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