Der abgebrochene Krug

■ Am Blumenthaler Ortseingang klafft eine Lücke, nachdem ein denkmalgeschütztes Haus angezündet und dann abgerissen wurde / Der zuständige Ortsamtsleiter wittert Betrug

Seit dem 16. Jahrhundert empfing ein Krug die Neuankömmlinge am Ortseingang von Blumenthal – hier konnten sie die Pferde tränken, sich selbst erfrischen oder Ruhe finden. Trotz Denkmalschutz ist es damit jetzt endgültig vorbei. Vor einigen Wochen kam der Bulldozer und schob die Mauern des ausgebrannten Hauses zusammen, das die Blumenthaler „Ständer“ nannten.

Heinrich Ständer hatte den alten Blumenthaler Krug, der schon 1568 erwähnt wurde, im Jahre 1902 gekauft, in „Deutsches Haus“ umbenannt und umfangreich umgebaut. Allerdings konnte er nicht alle Pläne realisieren: Der Bürgermeis-ter und der Landrat erzwangen den Abbruch von bereits begonnenen Erkern, weil diese nicht in die niedersächsische Landschaft passten.

Ohne es zu wissen, legten sie damit den Grundstein für weitergehende Schutzmaßnahmen: Anfang der achtziger Jahre wurde das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt. Weil der uralte Ausspann, der auch als Poststation fungiert hatte, nur leicht verändert wurde, kam ihm genügend heimatgeschichtliche Bedeutung zu. Besitzer Jochen Twietmeyer war damals einverstanden, obwohl das striktere Auflagen bedeutete als einst für Heinrich Ständer.

Anfang des vergangenen Jahres brannte das Gebäude aus. Brandstiftung war die Ursache – soviel stand fest. Ermittlungen gegen den Besitzer wurden von der Staatsanwaltschaft eingestellt. Der hatte hier zuletzt ein chinesisches Res-taurant betrieben, das sich vor allem bei chinesischen Besuchern der nahe gelegenen Wollkämmerei großer Beliebtheit erfreut haben soll. Nach dem Brand beantragte Twietmeyer den Abriss – mit Erfolg.

Das Landesamt für Denkmalpflege widersetzte sich nicht. Der stellvertretende Leiter Peter Hahn sagt, die Denkmalqualität des Ständer sei nicht „herausragend“ gewesen. Angesichts der Brandschäden und eines Gutachtens über die Wiederaufbaukosten habe sich sein Amt überzeugen lassen, dass dem Eigner die Rekonstruktion nicht zuzumuten sei.

Da half auch nicht, dass sich der Blumenthaler Beirat einstimmig für den Erhalt ausgesprochen hatte. Ortsamtsleiter Erik Petersen ist erbost über den Abriss. Er vermutet, dass bei einem ähnlichen Fall in Bremen-Stadt die öffentliche Hand helfend eingesprungen wäre. „Das kommt eben immer darauf an, wo man wohnt. Langsam fängt es an zu stinken.“ Blumenthal sei seit seiner Eingemeindung 1939 konsequent benachteiligt worden, und allmählich gingen „die Lichter aus“. Die Blumenthaler hätten daher inzwischen gegen die Neugliederung der Bundesländer nichts mehr einzuwenden. not