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Streng juristisch gesehen ist die CDU bankrott

Aber Bundestagspräsident Thierse muss laut Rechtsgutachten barmherzig mit der CDU umgehen. Sein Ermessen endet, wo die parlamentarische Demokratie in Frage gestellt ist

Berlin (taz) – Die Beamten von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) sind dem Verzweifeln nahe. Würden sie das Parteiengesetz streng rechtsstaatlich auslegen, wäre die Christlich Demokratische Union finanziell am Ende. Und die Bundesrepublik um eine Partei ärmer.

Die Strafzahlungen für die falschen Angaben in den Rechenschaftsberichten betragen zwar, je nach Lesart, „nur“ zwischen sieben und 50 Millionen Mark. Die Rückforderungen falsch ausgegebener Zuschüsse gehen aber in exorbitante Höhen – von im Extremfall 400 bis 500 Millionen Mark. Ein Rechtsgutachten aus dem Hagener „Institut für deutsches und internationales Parteienrecht“ gibt nun halbe Entwarnung für die Christenunion. „Staat und Verwaltung müssen [...] das Überleben einer Bundestagspartei garantieren“, heißt es dort. Der Grund: Barmherzigkeit. Oder juristisch ausgedrückt: Ermessen.

Keine Zweifel bestehen daran, dass die Rechenschaftsberichte der CDU falsch sind. Zwischen 1993 und 1998, das hat CDU-Schatzmeister Matthias Wissmann erklärt, waren dem Bundestagspräsidenten falsche Bilanzen übermittelt worden. Mittlerweile ist nun auch der korrigierte Rechenschaftsbericht für das Jahr 1998 wieder hinfällig. Die 100.000-Mark-Gabe in bar an den heutigen Vorsitzenden Schäuble ist dort falsch verzeichnet.

Im Prinzip droht der CDU wegen verdeckter Spendenannahme und falscher Buchführung dreierlei Finanzschaden: erstens Strafen für falsch deklarierte Spenden, zweitens die Sperre von staatlichen Zuwendungen wegen des falschen Berichts 1998, drittens Rückforderungen staatlicher Zuwendungen für falsche Rechenschaftsberichte älteren Datums.

Falsch deklariert waren nach eigenen Angaben der CDU 2,34 Millionen Mark. Dieser Betrag muss zurückbezahlt werden, zusätzlich verliert die Partei Anspruch auf staatliche Mittel in doppelter Höhe der Fehlausweisung. Die CDU hat deswegen bereits sieben Millionen Mark zurückgestellt. Die wichtigsten Parteienforscher sind sich allerdings einig, dass die gleichen Strafen für weitere falsch angegebene Spenden der CDU-Fraktion (1,15 Millionen Mark) und von anonymen Gebern für die CDU Hessens (13,5 Millionen Mark) anfallen. Macht weitere 44 Millionen Mark. Thierse hätte hier kein Ermessen.

Wenn auch die Neufassung des 1998er Rechenschaftsberichts falsch ist, müsste der Bundestagspräsident zwischen 30 und 40 Millionen Mark fälschlich ausbezahlter Staatszuschüsse im Jahr 1999 einbehalten. Die CDU erhielte dann zum nächsten Auszahlungstag am 15. Februar keinen Pfennig.

Die Rückforderung sämtlicher staatlicher Zuschüsse (pro Jahr rund 70 Millionen Mark) für die Jahre seit 1993 ist eine Rechtsfolge, die das Parteiengesetz vorsieht. „Die Öffentlichkeit hat kein Interesse an der staatlichen Förderung einer Partei“, heißt es in dem Gutachten der Hagener Parteienforscher, „deren Führung die Spielregeln der Parteiendemokratie [...] nicht beachtet.“ Gerettet würde die CDU allein durch das Demokratieprinzip. Ohne Parteien nämlich gibt es keine parlamentarische Demokratie – die CDU könne daher auf Erlass oder Stundung der Rückforderungen rechnen.

Christian Füller

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