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„Tragende Säule des jüdischen Lebens“

■ Der Tod von Estrongo Nachama löste tiefe Trauer aus. Eberhard Diepgen würdigte den Kantor als außergewöhnliche Persönlichkeit

Die Jüdische Gemeinde in Berlin würdigte den am Donnerstag im Alter von 81 Jahren verstorbenen Estrongo Nachama gestern als „eine der tragenden Säulen des jüdischen Lebens in Berlin und Deutschland“. Auch nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 habe er die Kontakte zur Jüdischen Gemeinde im Ostteil der Stadt nicht abbrechen lassen. Zudem habe er auf unzähligen Gedenkveranstaltungen die Erinnerungen an die unter Nazi-Terror ermordeten Juden Europas wach gehalten. Sein Tod hinterlasse eine große Lücke.

Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen (CDU), regierte in einer gestern verbreiteten Erklärung mit tiefer Bestürzung. Er würdigte Estrongo Nachama als außergewöhnliche Persönlichkeit, geprägt durch einen schmerzhaften Leidens- und Lebensweg.

Von Berlin aus habe Nachama seine Stimme erhoben, um der Welt zu zeigen, dass der Lebenswille der europäischen Juden ungebrochen sei, so Diepgen. „Diese seine Stimme war für uns zeit seines Lebens das Klang gewordene Zeichen dafür, dass die Nazis ihr Ziel, die vollständige Ausrottung der Judenheit, nicht erreicht hatten“, erklärte der Regierende Bürgermeister weiter. Die Stadt verneige sich mit Dankbarkeit, Demut und Respekt vor Estrongo Nachama.

Auch der Vorstand der Israelitischen Synagogen-Gemeinde Adass Jisroel zu Berlin bedauerte in einer Presseerklärung zutiefst den Tod des „guten, gläubigen, herzlichen, während seines ganzen Lebens der jüdischen Sache treu ergebenen Menschenfreundes“.

Nachama sei eine „unverwechselbare Größe im Judentum Brelins und Deutschlands“ gewesen. Auf wundersame Weise habe er den Familiennamen Nachama getragen, dessen hebräische Bedeutung „Trost“ ihm stets Wesenszug und Programm zugleich geesen sei, erklärte der Gemeindevorstand: „Wir verlieren einen Feund, den wir bewunderten, achteten und liebten, den wir nicht vergessen werden.“

Auch die Landesvorsitzende der Berliner PDS, Petra Pau, reagierte mit „Wehmut und Trauer“ auf Estrongo Nachamas Tod. Seine Arbeit für die Jüdische Gemeinde zu Berlin könnten zwar andere besser würdigen als sie selbst, so Pau in einer gestern verbreiteten Erklärung. Doch „schon lange vor unserer ersten Begegnung beieindruckte mich der Gesang von Estrongo Nachama“, erklärte Pau. „Seit wir uns persönlich kennen, weiß ich: Er hatte so viel menschliche Wärme.“ Nachama werde sowohl Berlin als auch ihr persönlich fehlen, betonte die PDS-Politikerin.

Estrongo Nachama soll am Sonntag auf dem Jüdischen Friedhof an der Heerstraße in Berlin-Charlottenburg beerdigt werden. Dort befindet sich unter anderem auch das Grab des ehemaligen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Heinz Galinski. epd, taz

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