Schäubles 100.000 Mark: Einfach weg

■ Wo die Spende des Waffenhändlers Schreiber an den CDU-Chef geblieben ist, weiß angeblich keiner und will auch niemand wissen

Die 100.000-Mark-Spende, die CDU-Chef Wolfgang Schäuble 1994 von Waffenhändler Karlheinz Schreiber entgegengenommen hat, ist offenbar spurlos verschwunden. Bei einer identischen Summe, die im Rechenschaftsbericht 1995 aufgelistet ist, soll es sich nicht – wie behauptet – um die Barspende Schreibers, sondern um eine Privatspende des früheren CDU-Schatzmeisters Walther Leisler Kiep handeln. Das berichten die Nachrichtenmagazine Der Spiegel und Focus in ihren heutigen Ausgaben.

Kieps Steuerberater Horst Weyrauch habe das Geld für seinen Mandanten am 12. Dezember 1995 von dessen Privatkonto auf das Spendenkonto der CDU überwiesen, sagte Kieps Anwalt Günther Kohlmann. Kiep will dies mit Bankbelegen beweisen können. Das Geld sei jedoch im CDU-Rechenschaftsbericht unter „sonstige Einnahmen“ verbucht worden, und nicht – wie erforderlich – als Spende.

Ungeklärt bleibt demnach, was aus der 100.000-Mark-Spende von Karlheinz Schreiber geworden ist. Nach Spiegel-Informationen soll Schäuble bereits am Dienstag einem Vertrauten gesagt haben: „Keiner weiß, wo das Geld ist. Es ist einfach weg.“

Laut Spiegel verdichten sich Hinweise, dass Schäubles Version, er habe am 22. September 1994 persönlich die 100.000 Mark in bar von Schreiber entgegengenommen und sie sofort an die Schatzmeisterei weitergereicht, nicht stimmt. Schreiber selbst habe dieser Darstellung widersprochen. Vielmehr habe Schäuble das Geld erst knapp drei Wochen später erhalten. Die damalige CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister soll die Botin gewesen sein.

Baumeister bestätigt bislang den Bericht Schäubles, musste sich aber hinsichtlich der Rolle Kieps in der vergangenen Woche selbst korrigieren. Zunächst hatte die Schatzmeisterin behauptet, nachdem sie die 100.000 Mark in Empfang genommen habe, habe sich ihr Vorgänger Kiep „der Sache“ angenommen. Auf dessen Protest hin musste sie später klarstellen, Kiep wohl nur um Rat gefragt zu haben. Nicht Kiep, sondern CDU-Steuerberater Horst Weyrauch habe das Geld in Frühjahr 1995 erhalten.

„Fassungslos“ dementierte Schäuble Zeitungsberichte, er wolle sich durch eine nachträgliche Aktenmanipulation offenbar aus der Verantwortung für die Spendenaffäre stehlen. Anlass für den Vorwurf ist ein Vermerk, mit dem sich Schäuble 1997 von der CDU-Schatzmeisterin den Empfang der Schreiber-Spende nachträglich hatte quittieren lassen. Er habe nicht in den Verdacht geraten wollen, die 100.000 Mark nicht an die Partei weitergeleitet zu haben, sagte Schäuble am Freitagabend in der ARD.

In einem Focus-Interview verteidigte der CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble, der von 1971 bis 1972 als Regierungsrat in der Steuerverwaltung Freiburg arbeitete, seine Rolle in der Spendenaffäre: Es müsse doch jedem auffallen, „dass die Fälle, an denen ich beteiligt war – die Fraktionsgelder und diese Spende – die einzigen sind, wo die Herkunft des Geldes völlig geklärt ist“. Markus Wierz