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Der Pfefferberg ruft

■ Nach neun Jahren ist es so weit: Das soziokulturelle Zentrum ist gesichert, bald gehen die Bauarbeiten los. Doch auch die Mieten steigen

Schritte hallen durch das Kellergewölbe. Der Lichtkegel einer Taschenlampe wandert auf den Backsteinwänden entlang bis zu einem mannshohen Betonblock mit zwei Löchern. „In diesem Keller hat sich die Volkspolizei eine Filmvorführkabine eingebaut. Im Gewölbe nebenan ist ein Schießstand. Nach dem Training haben die Polizisten hier Besinnungsfilme geschaut.“ Heinrich Pieper ist Geschäftsführer der „Pfefferwerk Stadtkulturgesellschaft“. Der Gärkeller, in den er gerade hinabgestiegen ist, gehört seit drei Wochen seinem Verein.

Neun Jahre hat Pfefferwerk mit dem Land Berlin verhandelt, nun wurde der Kaufvertrag über den Pfefferberg, die älteste Brauerei Berlins zwischen Schönhauser Allee und Christinenstraße unterzeichnet. Trotzdem kann von Euphorie keine Rede sein.

Der Gebäudekomplex, um den sich Pfefferwerk so lange bemühte, umfasst 21 Gebäude. Durch das Innere des Pfefferbergs windet sich über 3.000 Quadratmeter ein System von Kellergewölben und Verbindungsgängen. Während der Gärkeller der Öffentlichkeit nur einmal im Jahr, am Tag des offenen Denkmals, zugänglich ist, kennt man die vorderen Gebäude an der Schönhauser Allee als Veranstaltungsorte mit anspruchsvollem Kulturprogramm. Aber der Pfefferberg hat auch eine bewegte Geschichte.

Die fing 1841 an, als der bayerische Braumeister Pfeffer auf dem Ausläufer des Barnimer Höhenzugs eine Brauerei gründete. In den folgenden Jahrzehnten dehnte sich der Gebäudekomplex immer weiter aus, bis die Brauerei 1919 geschlossen wurde. Während der Nazizeit nutzten verschiedene Firmen das Gelände. Das größte Gewölbe diente als Luftschutzkeller. Im Gärkeller mussten so genannte Ostarbeiter hausen, die in der „Germania-Brotbäckerei“ arbeiteten. Der Betrieb wurde 1949 enteignet und ein Jahr später das gesamte Gelände in Volkseigentum überführt. Nachfolgend nutzte man die Gebäude hauptsächlich als Büros und Lager und ließ sie ansonsten verfallen.

Pieper hat den Plan, weitere Teile des Geländes wieder bespielbar zu machen. Zur Zeit gibt es auf dem Pfefferberg allerdings nur zwei Veranstaltungsräume: den „Pfefferberg“ genannten Saal auf Höhe des Biergartens und die „Pfefferbank“, die ihren Eingang zur Schönhauser Allee hat. Wenn die Sanierungsarbeiten – voraussichtlich im Jahr 2003 – abgeschlossen sind, soll mindestens ein weiterer Saal Kulturprogramm anbieten. Der Biergarten, der unter Denkmalschutz steht, bleibt als Lokal erhalten.

Grundsätzlich möchten die Leute vom Pfefferwerk möglichst viele Betriebe aus verschiedenen Bereichen auf dem Gelände unterbringen. Das ist auch eine Auflage des Kaufvertrags. Danach sollen 30 Prozent der etwa 20.000 Quadratmeter Nutzfläche für soziale und kulturelle Projekte genutzt werden, weitere 30 Prozent Dienstleistungsbetriebe und 40 Prozent sanierungsbetroffenes Gewerbe. Geplant ist auch ein Umzug der eigenen Jugendmusikstudios in eines der Gebäude. Ein anderes wird so hergerichtet, dass es im Bedarfsfall als Kindertagesstätte genutzt werden kann.

Viele Mieteranfragen von außen kommen auch aus dem Medienbereich. Dazu haben die Pfefferwerkler eine eigene Idee: die Errichtung eines Medienzentrums, wo sich private Betriebe größere Investitionen wie Schnittplätze oder Sitzungsräume teilen können. Technische Arbeitsplätze sollen kurzfristig zu mieten sein, und Jugendliche sollen die Möglichkeit haben, mit neuen Medien zu arbeiten, CD-ROMs oder Websites zu erstellen. Unter den Mietern auf dem Pfefferberg soll derselbe Synergieeffekt entstehen, mit dem der Pfefferwerk-Verbund seit Jahren arbeitet.

Zu guter Letzt wird auch die Nachbarschaft etwas vom Pfefferberg haben. Auf dem Nordhof entsteht eine Grünanlage. Außerdem wird ein Durchgang geschaffen. Wer dann vom Teutoburger Platz zur U-Bahn geht, kann die Abkürzung über den Pfefferberg nehmen. Anders als die Kulturbrauerei oder die Hackeschen Höfe hat sich der Pfefferberg architektonisch in vielen kleinen Schritten entwickelt. „Im Grunde hat jedes Gebäude ein eigenes Flair, eine eigene Formensprache“, sagt Pieper. „Die Geschichte der einzelnen Häuser soll auch nach der Sanierung noch ablesbar sein.“

Momentan steckt man in den Vorplanungen für den Umbau. Bauanträge sind noch nicht gestellt, aber die Arbeiten sollen im Frühsommer beginnen. Dadurch, dass sich der Verkauf des Pfefferbergs beinahe zehn Jahre hingezogen hat, sind große bauliche Schäden entstanden. Außerdem mußte der Pfefferwerk-Verbund sein ursprüngliches Kaufangebot um zwei Millionen erhöhen, um einen Konkurrenten aus Süddeutschland zu überbieten. „Die höheren Investitionen müssen durch höhere Mieten wieder aufgefangen werden.“ Diese Aussicht bereitet den jetzigen Mietern auf dem Pfefferberg Sorge. Der Künstlerzusammenschluss „Meinblau“ hat vor mehr als zwei Jahren ein Areal im südlichen Gebäudekomplex gemietet. „Als wir eingezogen sind, gab es noch nicht einmal eine Eingangstür“, erzählt Videokünstler Armin Ketter, „die mussten wir zuerst einsetzen.“ Anschließend haben die vierrzehn Leute, darunter Maler, Fotografen und Polsterdesigner, ein halbes Jahr lang renoviert, haben Wände abgetragen, Zwischendecken eingezogen, eine Heizung eingebaut.

Bisher hat sich der neue Vermieter noch nicht zu den künftigen Mietpreisen geäußert. Die verärgerten Mieter haben eine Initiative gestartet. „Es gab eine Phase, da wusste keiner auf dem Gelände, was passiert. Darum haben wir gegenüber dem Pfefferwerk Position bezogen. Darauf haben sie reagiert.“ Noch für diesen Monat sind Mietverhandlungen angesetzt.

Frauke Niemeyer

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