„Der Dicke ist so, wie er ist“

Bernd Neumann, CDU-Landesvorsitzender in Bremen und Mitglied des Bundesvorstands, über seine Loyalität zu Helmut Kohl und zur Partei

taz: Herr Neumann, warum haben Sie sich bei der Vorstandsabstimmung über die Vier-Punkte-Erklärung enthalten?

Bernd Neumann: Weil ich zwar Wolfgang Schäuble unterstützen wollte, aber die Aberkennung des Ehrenvorsitzes von Helmut Kohl für falsch hielt.

Wie weit muss für Sie Loyalität mit jemandem gehen, der einen Eid und Gesetze bricht – und seiner Partei schadet?

Durch weiteren Druck wird kein Problem gelöst. Sie sehen ja an der Reaktion: Der Nächste fordert jetzt, er soll das Mandat niederlegen, und der Übernächste will ihn aus der Partei ausschließen. Das alles steht für mich in keinem Verhältnis zu der Gesamtbeurteilung von Helmut Kohl.

Die CDU liegt in den Umfragen weit hinten. Wird es nicht Zeit, sich bei der Alternative, zu Kohl oder zur Partei zu stehen, für die Partei zu entscheiden?

Ich glaube, dass wir auf dem Weg der Trennung von Helmut Kohl nicht weiterkommen. Er hat gegen das Gesetz verstoßen, und dafür müssen wir zahlen. Aber mit Druck werden wir nichts erreichen. Der Dicke ist so, wie er ist, da ist nichts zu machen. Der Fehler wird offen benannt, die Fehler des Systems werden wir ändern, mehr können wir nicht tun.

Es gibt die Vermutung, dass Kohl-treue Kräfte sich an Wolfgang Schäuble rächen, indem sie seine Ablösung verlangen. Mit Ihrer Kohl-Politik kommen Sie in den Ruch, zu dieser Gruppe zu gehören.

Die gibt es, aber zu denen gehöre ich nicht. Meine Loyalität gilt der Partei und dem amtierenden Vorsitzenden, nicht dem Altbundeskanzler. Wir können aber nicht über die Empfindungen von 640.000 Parteimitgliedern hinweggehen.

Warum fordert Ihr Fraktionsvorsitzender Jens Eckhoff dann die Ablösung von Wolfgang Schäuble auf dem Parteitag?

Ich gehe davon aus, dass sich da im April beim gesamten Vorstand etwas ändern wird. Ich schließe mich der Auffassung von Jens Eckhoff aber nicht an.

Was bindet Sie so sehr an Helmut Kohl, dass Sie ihn zum Bremer Neujahrsempfang einladen?

Die Einladung stammt vom vorigen Sommer, als Helmut Kohl eine Art publizistischen Höhepunkt erreichte. Da haben wir gesagt: Der war hier noch nicht bei uns, das wäre doch ’ne tolle Sache.

Jetzt ist es nicht mehr ganz so eine tolle Sache, und man kann eine Einladung auch wieder rückgängig machen . . .

Wir haben bei uns im Landesvorstand darüber beraten, ob wir die Einladung abändern. Aber die Entscheidung hieß einmütig Nein. Das habe ich gestern auch mit Angela Merkel abgestimmt. Wir waren uns einig: Wenn Helmut Kohl selbst kommen will, wäre es falsch, ihn auszuladen.

Aber die Parteibasis äußert im Moment nur blankes Entsetzen.

Da kenne ich meine Basis sicher besser als Sie. Wir sind doch nicht blöd, wir fragen die doch. Die Ausladung von Helmut Kohl hätte uns ungeheuer geschadet.

Wie wäre es denn der CDU Bremen ohne die finanzielle Unterstützung Kohls gegangen?

Leider war die Unterstützung durch die Bundespartei nicht so, dass wir keine Probleme mehr hatten. Das ist aber alles ordentlich abgerechnet. Die neue Parteiführung hat uns im Übrigen genauso unterstützt.

Mit wie viel denn?

Darüber rede ich nicht öffentlich. Ich denke nicht daran, jetzt hier Summen zu nennen.

Was tun Sie denn dafür, Klarheit über die Herkunft der zweifelhaften Gelder zu bekommen?

Das ist nicht meine Aufgabe in Bremen.

Interview: Heide Oestreich