Viele offene Fragen

■ Brandanschlag auf Christianskirche juristisch abgeschlossen – vorerst

Das Urteil ist gesprochen. Zwei Jahre und drei Monate Knast für Klaus-Dieter Neelen wegen Brandstiftung. Der 38-jährige soll versucht haben, am 11. Mai 1998 die Ottenser Christianskirche anzuzünden. Der Fall scheint für die Justiz seit gestern abgeschlossen. Aber ob damit der Brandanschlag aufgeklärt ist, bleibt zu bezweifeln.

Denn auch das Urteil in zweiter Instanz hinterlässt viele Fragen. Fest steht nur, dass jemand am Morgen des 11. Mai die Scheiben des Südportals des Kirchenschiffes eingeworfen, Benzin vergossen und dann eine brennende Bravo hineingeworfen hat. Das Feuer verpuffte – wann genau, konnte nie geklärt werden. Als Pastorin Susanne Zingel am Morgen um 9.10 Uhr das Brandnest entdeckte, qualmte es noch.

Nach dem gleichen Schema war elf Monate zuvor bereits ein Brandanschlag verübt worden – damals im Nordportal. Dabei hinterließen die Täter ihre Visitenkarte in Form von SS-Runen und Hakenkreuzen an der Mauer. Sie wurden nie ermittelt. Neelen stand damals unter keinem Verdacht.

Dennoch ermittelte der Staatsschutz bei dem zweiten Anschlag ausschließlich gegen ihn. Neelen saß damals eine Haftstrafe im offenen Vollzug im Knast Neuengamme ab. Bei Freigängen hatte er öfter die Christianskirche aufgesucht und mit Genehmigung im Gemeindehaus übernachtet.

Belastet wurde Neelen von einem Mithäftling. Der hatte ausgesagt, Neelen habe ihm am frühen Morgen des 11. Mai – als die Tat noch nicht entdeckt war“ – in der Werkstatt erzählt, „die Kirche in Altona brennt wieder“. Laut Angaben des Werkstattleiters hingegen hat Neelen an jenem Morgen gar nicht mit besagtem Mithäfling zusammen gearbeitet, sondern war in einem anderem Trakt zum Malen eingeteilt.

Auch sein Zellengenosse entlastete den Angeklagten und sagte aus, er habe von einer nächtlichen Abwesenheit nichts bemerkt. Dennoch gelangte das Gericht jetzt erneut zu dem Schluss, dass Neelen nachts aus dem Fenster geklettert, auf irgendeine Weise nach Ottensen gefahren ist, den Brand gelegt hat und pünktlich vor sechs Uhr wieder in die Zellenkoje schlüpfte. Der Werkstattleiter und Zellenkumpanen hätten sich eben „geirrt“ und „etwas nicht wahrgenommen“. Neelens Anwältin Martina Zerling will in Revision gehen.

Peter Müller