: Im Nebel des Übergangs
Leuchttürme sind doch wichtiger als freie Projekte: Von den 20 Millionen Mark im Hauptstadtkulturfonds ist nicht mehr viel übrig
Naumann-Geld, Schwarz-Geld-Konten, Thoben-Geld: Zur Zeit kommen die Berliner mit dem Rechnen kaum noch nach. Fast täglich werden es mehr Millionen, die der beliebte Staatsminister Naumann als Investition des Bundes in Berlin ausrechnet. 1999 war noch von 490 Millionen Mark jährlicher Unterstützung die Rede; diese Woche nannte er gar „647 Millionen, die aus meinem Etat Berlin zugute kommen, inklusive Deutsche Welle und Stiftung Preußischer Kulturbesitz“. Die Hauptstadtkulturförderung von 100 Millionen ist da nur ein Posten, den der Bund für die Jahre 2000 bis 2003 an Berlin überweist.
Als diese Förderung 1999 von Naumann erhöht wurde, reservierte man 20 Millionen für den Hauptstadtkulturfonds. Dieser sollte die alte Leuchtturm-Politik korrigieren und ein flexibles Instrument werden, um jenseits der Institutionen schneller reagieren zu können. Im September des vergangenen Jahres wurde der frühere Kultursenator Dieter Sauberzweig als Kurator berufen und auf Drängen des Rates für die Künste ein Beirat installiert.
Seitdem war von dem 20-Millionen-Topf oft die Rede, wenn Kritik an der Verkrustung der Förderungsstrukturen aufkam. Er war der gern gezogene Trumpf im Ärmel der Politiker. So kam es, dass vor der ersten Tagung des Beirates fast 10 Millionen schon gebunden waren durch Zusagen, die das Land oder der Bund gegeben hatten.
Sauberzweig musste sich damit abfinden, dass auf der Liste des zu Fördernden schon Peter Steins Faust-Projekt und das Theatertreffen standen, von denen in einer früheren Vereinbarung über die Aufteilung der Kulturförderung noch keine Rede war. Das Jüdische Museum erhält eine Anschubfinanzierung genauso wie der Umzug der Berlinale; Musikbiennale und Berlin Biennale wurden an den Fonds verwiesen, der so zu einer Art Feuerwehrtopf für Defizite im Berliner Kulturetat mutierte. Selbst dem Deutschen Historischen Museum, das zu den dicksten Subventionsempfängern des Bundes in Berlin gehört, wurde „im politischen Raum“, wie Sauberzweig es vorsichtig umschreibt, Fondsmittel zugesagt.
Die Mitglieder des Beirates, die in einer Beratung am Donnerstag einen verbleibenden Etat von knapp 5 Millionen einem Antragsvolumen von 30 Millionen gegenübersahen, nehmen seufzend diese politischen Altlasten zur Kenntnis.
„Natürlich besteht Reformbedarf“, sagt Elmar Weingarten, Intendant des Philharmonischen Orchesters, vom Rat für die Künste in den Beirat entsendet. Auch Matthias Flügge, Vizepräsident der Akademie, sieht den Fonds so um seine Funktion der Vermittlung zwischen so genannten Kulturtankern und innovativen Unternehmen gebracht. Sie fordern mit Dieter Sauberzweig eine Klärung, die ab nächstem Jahr Dauer- und Regelförderungen durch ein Statut ausschließt. Der Rat für die Künste sieht durch diese Geschichte seine Forderung nach mehr Transparenz bestätigt. Bisher gibt es nicht einmal ein Informationsblatt für die Antragsteller über Fristen und Vergabekriterien.
Dieter Sauberzweig beschreibt das zunehmende Eindampfen des Etats als Probleme des „Übergangs“. Dabei hat er noch mehrere andere Unbekannte auf seiner Rechnung. Die Kulturverwaltung des Senats geht davon aus, dass der Fonds nicht mit 20 Millionen, sondern nur mit 15 Millionen ausgestattet wird, um so noch einmal 5 Millionen mehr für die institutionelle Förderung zu retten. Zudem ist der Hauptstadtvertrag noch nicht unterschrieben, der rechtliche Rahmen aller Kalkulationen.
Dennoch kann Sauberzweig einige Projekte nennen, deren Förderung schon beschlossen wurde. Dazu gehört die zeitgenössische Oper, die Inszenierung einer Novelle von E. T. A. Hoffmann am Wohnort des Dichters und ein Festival im Haus der Kulturen der Welt. Katrin Bettina Müller
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