: Im Februar dürfen die Nerven flattern
Bald geht’s richtig los. Der Untersuchungsausschuss fragt: Wer ließ die Leuna-Akten verschwinden, wer deckte die krummen Finanzgeschäfte? Wer sind Helmut Kohls Freunde?
Berlin (taz) – Gestern flogen die Fetzen. In der Sitzung des Untersuchungungsausschusses des Bundestages zur CDU-Finanzaffäre drangen die CDU-Abgeordneten darauf, als ersten Zeugen Ex-Kanzler Kohl zu laden. Sie wurden von der Ausschussmehrheit überstimmt. Kohl soll dann reden, wenn das Ermittlungsverfahren gegen ihn abgeschlossen ist und er deswegen die Auskunft nicht mehr verweigern darf.
Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Volker Neuman, SPD, glaubt, dass Kohl die Namen der von ihm bislang verschwiegenen Barspender dann nennen wird. Die CDU-Abgeordneten warfen derAusschussmehrheit vor, durch die Hintertür das Parteivermögen der CDU ausforschen zu wollen.
Nach seinem ursprünglichen Auftrag muss der Ausschuss klären, ob Großspender Einfluss auf Entscheidungen der Kohl-Regierung hatten. SPD und Grüne wollen inzwischen den Auftrag des Ausschusses erweitern und das gesamte illegale Finanzgebaren der CDU untersuchen.
Ende Februar dürfte es im Ausschuss interessant werden: Dann sollen Mitarbeiter des Bundeskanzleramtes über die verschollenen Akten zur Privatisierung der Leuna-Raffinerie Auskunft geben. Akten, aus denen sich Hinweise auf Schmiergeldzahlungen an die CDU ergeben könnten, sind unter der Kohl-Regierung auf mysteriöse Weise verschwunden. Mitte März will der Untersuchungsausschuss die ersten Zeugen laden.
Zuerst ist die graueEminenz im Finanzreich der CDU, Finanzberater Horst Weyrauch, dran. Der Herr über die Schwarzkonten von Kohl und der hessischen CDU nahm 1991 gemeinsam mit dem damaligen CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep für die Partei auf einem Supermarkt-Parkplatz in der Schweiz einen Koffer mit einer Million Mark von Waffenhändler Karlheinz Schreiber in Empfang. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Beihilfe zur Untreue gegen Weyrauch – deshalb kann er vor dem Untersuchungsausschuss die Auskunft zu Sachverhalten, die ihn belasten würden, verweigern.
Das gilt auch für Hans Terlinden. Der ehemalige Hauptabteilungsleiter im Personalwesen der CDU-Zentrale wurde von Parteichef Schäuble entlassen, weil er das Vernehmungsprotokoll des Wirtschaftsprüfers Weyrauch an Kohl statt an Schäuble sandte. Ende März müssen sich der ehemalige Generalbevollmächtigte der CDU-Schatzmeisterei Uwe Lüthje und der Ex-Abteilungsleiter für Verwaltung in der CDU-Zentrale Rüdiger May parat halten. Lüthje, ein enger Kohl-Vertrauter, ist schwer krank. May war möglicherweise der Einzige im Adenauer-Haus, der von krummen Finanzmachenschaften wusste und sie eines Tages nicht mehr decken wollte. Er weigerte sich den CDU-internen Rechnungsabschluss zu unterschreiben – und wurde gefeuert. Tina Stadlmayer
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