: Ökonomie und Ökologie sind gute Partner
100.000-Dächer-Programm und Stromeinspeisungsgesetz – kein Grund zur Euphorie
Nachdem das 100.000-Dächer-Programm und das 200-Millionen-Förderprogramm für erneuerbare Energien realisiert wurden, steht nun auch die Novellierung des Stromeinspeisungsgesetzes an. Wichtige Punkte konnten dabei befriedigend geregelt werden: die Neugestaltung der Windstromvergütung, die Einbeziehung der Biomasse und die Vergütung von Photovoltaik-Strom mit 99 Pf/kWh, was in Kombination mit dem 100.000-Dächer-Programm annähernd Kostendeckung bedeutet.
Angesichts dieser zweifellos großen politischen Erfolge brechen manche in der Solarszene nun in Euphorie aus: Viele denken, einem Solarboom stehe nichts mehr im Wege. Dies ist jedoch ein großer Irrtum. Das Arbeitsprogramm der Eurosolar-Parlamentariergruppe im Bundestag, der inzwischen 65 Abgeordnete angehören, zeigt, was jetzt getan werden muss: Administrative Hemmnisse gegen den Einsatz Erneuerbarer Energien müssen mit Hilfe eines Artikelgesetzes abgebaut werden. Sehr deutlich wird dies am Beispiel Wasserkraft: Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurden über 60.000 Kleinwasserkraftwerke stillgelegt, ein Potenzial von 6.700 Megawatt liegt brach. Die Reaktivierung der Anlagen scheitert oft an Naturschutzregeln, die nicht differenzieren zwischen herkömmlichen und regenerativen Energieerzeugungsanlagen. Im Naturschutzrecht muss verankert werden, dass erneuerbare Energien dem Naturschutz dienen und bevorzugt zu behandeln sind.
Große Einsatzpotenziale für die Erneuerbaren birgt der Gebäudebereich, in dem 40 Prozent des Energieverbrauchs stattfindet. Im Zuge der Neuregelung der Wärmeschutzverordnung muss solares Bauen zur Auflage gemacht werden. Der Beweis, dass Nullemissions-Häuser ohne Mehrkosten errichtet werden können, ist erbracht, etwa in der entstehenden Freiburger Solarsiedlung am Schlierberg. Mittelfristig ist solares Bauen wegen der gesparten Brennstoffkosten sogar billiger und damit auch sozialer.
Um ihre ökonomisch wie ökologisch positiven Aspekte deutlich zu machen, muss die Ökosteuerbefreiung für erneuerbare Energien endgültig durchgesetzt werden. Alles andere ist widersprüchlich. Die Frage der Mehrkosten durch die Stromeinspeisung aus regenerativen Quellen wäre damit ebenfalls leichter handhabbar: Sie würden deutlich sinken.
Um die Akzeptanz von erneuerbaren Energien und die Besteuerung atomar-fossiler Energieträger zu erhöhen, müssen für die breite Öffentlichkeit wahrnehmbare positive Signale gesetzt werden. Dazu eignet sich besonders der Treibstoffsektor. Wenn aus Biomasse gewonnener Treibstoff an der Tankstelle deutlich billiger ist als Erdölprodukte, dann signalisiert dies positiv: Ökologisch Sinnvolles belastet nicht, sondern bringt sogar ökonomische Vorteile. Dazu muss jedoch definitiv sichergestellt werden, dass Treibstoff aus erneuerbaren Energien steuerfrei ist. Stefan GsängerDer Autor arbeitet bei der Sonnenenergievereinigung Eurosolar.
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