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Spendensumpf bis nach Übersee

CDU soll 200 Totenscheine in Paraguay bestellt haben, um die Legende von jüdischen Vermächtnissen glaubwürdig zu machen

„Die Spur der hessischen Millionen führt nach Paraguay.“ Mit diesem neuesten CDU-Spendenaffären-Appetizer beginnt der Spiegel die Woche. In Paraguay seien „mehr als 200“ falsche Totenscheine erkauft worden, zitiert das Magazin einen namentlich ungenannten CDU-Helfer aus der paraguayischen Hauptstadt Asunción. Nach Angaben des Spiegels pflegten der langjährige hessische CDU-Schatzmeister Casimir Prinz zu Sayn-Wittgenstein und Finanzberater Horst Weyrauch Kontakte in das südamerikanische Land, um „eine Legende für angebliche Vermächtnisse konstruieren zu können“.

Die fingierten Totenscheine – vorgeblich von deutschen Auswanderern – will der CDU-Helfer aus Übersee per Kurier an Weyrauch nach Frankfurt geschickt haben. Ein bestechlicher Arzt, der die Totenscheine abstempelte, habe 200 Dollar pro Stück erhalten, der CDU-Kontaktmann selbst will 5.000 Dollar pro Schein eingestrichen haben – insgesamt also mehr als 2 Millionen Mark. „Wir gingen davon aus, dass aus Deutschland Anfragen wegen des Erbes kommen würden, doch das geschah nie“, erklärte der unbekannte deutschstämmige Geschäftsmann. Prinz Sayn-Wittgenstein und Ex-CDU-Landeschef Manfred Kanther hatten eingestanden, Millionen in die Schweiz geschafft und als angebliche Vermächtnisse jüdischer Emigranten zurückgeholt zu haben.

Im Ernstfall hätte er auf einem Friedhof in Paraguay „eine Grabplatte mit Namen aufstellen lassen“, erklärte der Schein-Vermittler aus Südamerika. Auch für die Einrichtung von Tarnkonten der erfundenen Toten sei gesorgt worden. In Absprache mit Weyrauch habe er 1991 in der Karibik die „La Sabina Bank“ gegründet.

Die Bank habe lediglich 15.000 Dollar Einlage gekostet. Statt das Geld in die Schweiz zu transferieren, hätte die CDU ihre Schwarzgeldgeschäfte auch über das Bankinstitut auf der Karibikinsel Anguilla abwickeln können. Doch auch in der Karibik gibt es Geldwäschegesetze: Nach drei Jahren sei der Bank die Lizenz entzogen worden.

„Sollte die unglaubliche Geschichte mit den Totenscheinen wahr sein, dann ist das ein weiterer moralischer Einbruch der CDU“, erklärte der Tübinger Moraltheologe Dietmar Miet der taz. Mit einem christlichen Standpunkt habe das nichts mehr zu tun, betonte Miet. Die Spendenaffäre insgesamt zeige, dass die „geistig-moralische Wende für manche nur eine Fassade“ gewesen sei.

Die Christdemokraten wiegeln auch beim neusten Skandalstück ab: Bisher gebe es keine Erkenntnisse über eine Spur nach Paraguay, erklärte ein Sprecher der hessischen Landesregierung. Die CDU-Wirtschaftsprüfer untersuchen derweil, ob es Verbindungen zwischen den Auslandsmillionen der hesssischen Union und der Bundes-CDU gegeben hat.

Horst Weyrauch hat inzwischen Vorwürfe zurückgewiesen, er habe von dem Auslandsvermögen der Hessen-CDU Geld an die Bundespartei überwiesen. Er dementierte auch Berichte, wonach er in Paraguay fingierte Totenscheine organisiert hat. Zudem will er nichts gewusst haben über die Herkunft der Gelder auf den Schweizer schwarzen Konten. Er habe diese Treuhandkonten lediglich bei der Schweizer Bank SBG eröffnet und geführt. Richtig sei, so teilte Horst Weyrauch mit, dass das System der schwarzen Kassen erst seit 1992 existiert habe.

Isabelle Siemes

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